Rheum L.

Rhe­um L. (Rha­bar­ber), Gat­tung der Poly­go­na­ze­en, aus­dau­ern­de Kräu­ter mit dickem, hol­zi­gem, häu­fig mehr­köp­fi­gem Rhi­zom, sehr gro­ßen, lang­ge­stiel­ten, ganz­ran­di­gen, buch­tig gezahn­ten oder hand­för­mig gel­app­ten, am Rand oft wel­li­gen Blät­tern, häu­ti­gen, ver­wel­ken­den Tuten, in meist sehr gro­ßen Ris­pen, sel­te­ner in Ähren ste­hen­den Blü­ten und drei­kan­ti­ger, drei­flü­ge­li­ger Frucht. Die Arten nei­gen außer­or­dent­lich zur Bas­tar­die­rung, und die Bas­tar­de brin­gen in der Regel keim­fä­hi­ge Samen. Etwa 20 Arten in Asi­en von Sibi­ri­en bis zum Hima­la­ja und Paläs­ti­na. R. offi­ci­na­le Bail­lon Die Wur­zel, die den Kan­ton­rha­bar­ber lie­fert, riecht und schmeckt eigen­tüm­lich aro­ma­tisch, bit­ter­lich herb, ent­hält Chry­so­phan­säu­re und Kathar­tin­säu­re oder eine nahe­ver­wand­te Säu­re, Rhe­um­gerb­säu­re, harz­ar­ti­ge Stof­fe, Emo­din, Stär­ke­mehl etc., viel oxal­sauren Kalk (der beim Kau­en der Wur­zel knirscht), etwa 13–14 Proz. Asche etc. Der Kron­rha­bar­ber stammt von R. pal­ma­tum L. var. tan­gut­i­cum, mit dun­kel­grü­nen, hand­för­mig gel­app­ten Blät­tern, deren Blatt­lap­pen tief ein­ge­schnit­ten sind, im west­li­chen Chi­na. – Rha­bar­ber, der bei uns als abfüh­ren­des Mit­tel, auch in klei­nern Dosen bei Stö­rung der Magen­ver­dau­ung Anwen­dung fin­det, wird in chi­ne­si­schen Wer­ken bereits 2000 v. Chr. erwähnt und scheint auch schon dem Dio­sko­ri­des bekannt gewe­sen zu sein. Eine Wur­zel Rha oder Rhe­on, nach dem Fluß Rha (Wol­ga) benannt, wird im 4. Jahrh. von Ammi­a­nus Mar­cel­li­nus erwähnt und dürf­te unser Rha­bar­ber gewe­sen sein. Die Rha­co­ma­wur­zel des Pli­ni­us kam zunächst aus den Län­dern am Schwar­zen Meer und hieß daher Rha pon­ti­cum, wäh­rend die durch das Indus­land und das Rote Meer über den alten Hafen­ort Bar­ba­ri­ke zuge­führ­te Rha bar­barum hieß. Im 12. Jahrh. wur­de der Rha­bar­ber wahr­schein­lich auch von Indi­en aus ein­ge­führt, und spä­ter, jeden­falls seit Anfang des 16. Jahrh., gelang­te die Wur­zel aus­schließ­lich durch Sibi­ri­en über Mos­kau in den Han­del, und seit 1804 mono­po­li­sier­te die rus­si­sche Regie­rung den Han­del, so daß Rha­bar­ber nur über Kiach­ta ein­ge­führt wur­de (Kron­rha­bar­ber, mos­ko­wi­ti­scher, rus­si­scher Rha­bar­ber). Auch spä­ter, nach Auf­he­bung des Mono­pols, blieb die amt­li­che Kon­trol­le zur Aus­schlie­ßung schlech­te­rer Ware im Gebrauch und wur­de so streng durch­ge­führt, daß nach Eröff­nung der chi­ne­si­schen Häfen der Rha­bar­ber mehr und mehr den See­weg ein­schlug und der Han­del über Kiach­ta end­lich ganz ein­ging. Seit 1860 gibt es kei­nen Kron­rha­bar­ber mehr. Der see­wärts aus­ge­führ­te chi­ne­si­sche (ost­in­di­sche, Kan­ton-) Rha­bar­ber ist viel weni­ger stark beschnit­ten als der rus­si­sche und in der Qua­li­tät viel gemisch­ter, oft schwärz­lich und innen kern­faul. Als Stamm­pflan­zen des Rha­bar­bers wer­den auch R. undu­la­tum L. im Hima­la­ja, R. com­pac­tum L., R. aus­tra­le Don., mit eiför­mi­gen, am Ran­de stark wel­li­gen Blät­tern, in Trans­bai­ka­li­en genannt; die Wur­zeln die­ser Pflan­zen wei­chen aber von der Han­dels­wa­re mehr oder weni­ger ab. R. Rhapon­ti­cum L., mit rund­li­chen, am Grun­de tief herz­för­mi­gen Blät­tern mit gewell­tem Rand, im west­li­chen Chi­na, an der Wol­ga­mün­dung, in den süd­kas­pi­schen Gebir­gen, in Cho­ra­san, am Schwar­zen Meer viel kul­ti­viert, hat eine dem chi­ne­si­schen Rha­bar­ber ähn­li­che Wur­zel, die frü­her, in Per­si­en noch jetzt, als Sur­ro­gat des­sel­ben benutzt wur­de. Bei Ban­bu­ry in Oxford­shire wird die­se Pflan­ze seit 1777 kul­ti­viert, und ihre Kul­tur hat sich bis in die Gegen­wart erhal­ten; auch Frank­reich und Ungarn bau­en R. Rhapon­ti­cum, Mäh­ren R. com­pac­tum, Öster­rei­chisch-Schle­si­en R. aus­tra­le; doch haven alle die­se Kul­tu­ren nur loka­le Bedeu­tung. Meh­re­re Kul­tur­for­men (Queen Vic­to­ria, Magnum bonum, Lima­e­us, Prin­ce Albert, Para­gon) wer­den auch der sehr star­ken, saf­ti­gen Blatt­stie­le hal­ber ange­baut. Die­se schme­cken ange­nehm säu­er­lich­süß und geben, mit Zucker gekocht, ein belieb­tes Kom­pott, wer­den auch zu Pud­dings und andern Zube­rei­tun­gen benutzt. In Eng­land wird der Rha­bar­ber zur Gewin­nung der Blatt­stie­le in der Nähe aller gro­ßen Städ­te, beson­ders aber in York­shire, kul­ti­viert, auch getrie­ben. In Frank­reich bringt man die Blatt­stie­le als Tartre­um auf den Markt. Aus dem Saf­te der Blatt­stie­le kann mit Was­ser und Zucker ein dem Obst­wein ähn­li­cher Wein dar­ge­stellt wer­den; in Per­si­en ißt man die Blät­ter als Gemü­se; die im Früh­jahr eben aus der Erde kom­men­de, etwa 25 cm hohe Blü­ten­knos­pe gibt, wie Blu­men­kohl zube­rei­tet, eine schmack­haf­te Spei­se. All­ge­mein die­nen die Rha­bar­ber­ar­ten auch als Zier­pflan­zen, beson­ders R. Emo­di Wall., vom Hima­la­ja, R. col­li­nia­num hort., R. offi­ci­na­le, R. pal­ma­tum und var. tan­gut­i­cum etc.

Quel­le
Mey­ers Gro­ßes Kon­­­ver­­­sa­­ti­ons-Lexi­­kon (Sechs­te Auf­la­ge). Ein Nach­schla­ge­werk des all­ge­mei­nen Wis­sens. Sechs­te, gänz­lich neu­be­ar­bei­te­te und ver­mehr­te Auf­la­ge. Mit mehr als 16,800 Abbil­dun­gen im Text und auf über 1500 Bil­der­ta­feln, Kar­ten und Plä­nen sowie 160 Text­bei­la­gen. Leip­zig und Wien: Biblio­gra­phi­sches Insti­tut, 1905–1909 (Infos).

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