Cayennepfeffer: Die scharfe Waffe gegen den Schmerz

Schar­fe Scho­ten vom Markt

Er hat sei­nen Namen von der Hafen­stadt Cayenne in Gua­ya­na auf den ehe­mals berüch­tig­ten Straf­in­seln, den Teu­fels­in­seln. Und tat­säch­lich war­tet der Cayenne­pfef­fer (Cap­si­cum fru­te­s­cens) mit teuf­lisch schar­fen Früch­ten auf, die selbst in gerin­gen Men­gen die Schleim­häu­te rei­zen und ein schar­fes Bren­nen erzeu­gen. Umso erstaun­li­cher, dass aus­ge­rech­net die­se schar­fen Chi­li­scho­ten als aus­ge­zeich­net wirk­sa­me Schmerz­mit­tel ein­ge­setzt werden.

Eine War­nung vor­weg: Chi­li­scho­ten bzw. das aus ihnen her­ge­stell­te Pul­ver, der Cayenne-Pfef­fer, sind wirk­lich bar­ba­risch scharf. Wenn Sie Chi­li & Co. zum Wür­zen ver­wen­den, gilt des­halb die Paro­le: Unbe­dingt zurück­hal­tend dosie­ren. Eine Mes­ser­spit­ze Cayenne­pfef­fer reicht voll­kom­men aus, wenn Sie ein vier­köp­fi­ge Fami­lie beko­chen wol­len. Der Haupt­in­halts­stoff der Chi­li­scho­ten, das Cap­sai­cin, hin­ter­lässt näm­lich noch in einer Ver­dün­nung von 1 : 100.000 sei­ne geschmack­li­chen Spuren.

Auf den ers­ten Blick erstaunt es, dass gera­de solch extrem schar­fe, die Schleim­häu­te rei­zen­de Früch­te wie Chi­li-Scho­ten in der Medi­zin als Schmerz­mit­tel ein­ge­setzt wer­den. Tat­säch­lich gehö­ren Zube­rei­tun­gen aus dem Cayenne­pfef­fer jedoch zu den weni­gen pflanz­li­chen Schmerz­mit­teln, deren Wirk­sam­keit tat­säch­lich gesi­chert ist. Dabei nimmt man das Mit­tel natür­lich nicht ein, son­dern bringt es in Form von Tink­tu­ren, Sal­ben und Pflas­tern auf die schmer­zen­de Stel­le des Körpers.

Heu­te hat man auch eine Vor­stel­lung davon, wie die pflanz­li­chen Wirk­sub­stan­zen – allen vor­an das Cap­sai­cin und sei­ne Ver­wand­ten – dem Schmerz ein Schnipp­chen schla­gen. Sie wir­ken auf die Ner­ven im schmer­zen­den Bereich ein und bewir­ken, dass bestimm­te Signal­stof­fe nicht mehr aus­ge­schüt­tet wer­den. So kommt es nach einer anfäng­li­chen kurz­zei­ti­gen Wär­me­ge­fühl zu einer Lin­de­rung des Schmer­zes und des Juck­rei­zes. Dane­ben wirkt Cap­sai­cin all­ge­mein ent­zün­dungs­hem­mend. Aber Ach­tung: Tra­gen Sie Zube­rei­tun­gen aus Cayenne­pfef­fer-Früch­ten nicht auf geschä­dig­ten Haut­par­tien oder Schleim­häu­ten auf. Denn ansons­ten geht der Schuss nach hin­ten los und der Schmerz wird ver­stärkt anstatt gelindert.

Beson­ders bewährt sind haben sich Zube­rei­tun­gen aus Chi­li­scho­ten (bzw. Zube­rei­tun­gen mit 0,025 oder 0,075 Pro­zent Cap­sai­ci­no­iden) bei schmerz­haf­ten Mus­kel­schmer­zen oder bei Hexen­schuss. Auch bei Ner­ven­schmer­zen, wie sie häu­fig bei Dia­be­ti­kern vor­kom­men, bei Schmer­zen als Fol­ge einer Gür­tel­ro­se oder bei Gelenk­ent­zün­dun­gen sind Cayenne­pfef­fer-Früch­te aus­ge­zeich­net wirk­sam. Über 20 kli­ni­sche Stu­di­en, die Hälf­te davon nach hohen schul­me­di­zi­ni­schen Kri­te­ri­en, spre­chen hier eine deut­li­che Spra­che. Noch nicht ganz geklärt ist, ob Chi­li & Co. auch bei Rheu­ma wirk­sam sind. Bei die­sem Krank­heits­bild brach­ten die bis­he­ri­gen Stu­di­en noch kei­ne gesi­cher­ten Daten.

Eben­so in der Dis­kus­si­on ist die Anwen­dungs­dau­er der schar­fen Frücht­chen. Bis­her wur­de immer emp­foh­len, cap­sai­cin­hal­ti­ge Zube­rei­tun­gen nicht län­ger als zwei Tage ein einer schmer­zen­den Stel­le auf­zu­tra­gen, da es ansons­ten zu einer Schä­di­gung von Ner­ven­zel­len kom­men kön­ne. Neue­re kli­ni­sche Stu­di­en, die alle­samt über einen Zeit­raum von vier bis neun Wochen lie­fen, zeig­ten aller­dings kei­ner­lei nega­ti­ve Aus­wir­kun­gen auf das Ner­ven­sys­tem. Wis­sen­schaft­ler sind des­halb heu­te der Auf­fas­sung, dass nega­ti­ve Effek­te offen­sicht­lich nur bei hohen Cap­sai­c­in­do­sie­run­gen (über 0,075 Pro­zent) sowie bei Pflas­tern oder dicht abschlie­ßen­den Ver­bän­den zu erwar­ten sind – nicht jedoch bei Sal­ben oder Cremes (Cap­sai­cin­g­e­halt maxi­mal 0,075 Pro­zent), die zwei- bis drei­mal täg­lich dünn auf die Haut auf­ge­tra­gen wer­den. Wenn Sie im Zwei­fel sind, wel­che Zube­rei­tungs­form für Sie die rich­ti­ge ist und wie lan­ge Sie sie anwen­den dür­fen, fra­gen Sie bit­te Ihren Arzt oder Apotheker.

Autor
Jens-Mey­­er-Wege­­ner, Heil­pflan­­zen-Welt (2002).
Quel­len
Schil­cher, H.: Ärz­te­zeit­schrift für Natur­heil­ver­fah­ren 41 1 (2000)
wei­te­re Infos
Cayenne­pfef­fer (Cap­si­cum fru­te­s­cens)
Hei­ße Ware – Cayenne-Pfeffer

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