Manna, zuckerartige Substanz, die von manchen Pflanzen freiwillig oder nach Einschnitten oder Insektenstichen ausgeschieden wird. Die arzneilich benutzte Eschen stammt von der esche (Fraxinus Ornus), die behufs der gewinnung im nördlichen Sizilien kultiviert wird. Man macht an 8–10 Jahre alten Bäumen Einschnitte in die Rinde, aus der ein schnell erstarrender Saft ausfließt, der die M. bildet. Man kann denselben Baum 12–20 Jahre benutzen, indem man jedes Jahr neue Einschnitte macht. Dann aber fällt man ihn und erzieht neue Triebe, die in 4–5 Jahren Erträge liefern. Im Handel unterscheidet man stängelige M. (M. cannellata), in leichten, halbröhrenförmigen, geschichteten, durch und durch kristallinischen, schwach riechenden, rein süß schmeckenden Stücken, und weiche M. (M. communis) von den untern Teilen des Stammes und durch Witterungseinflüsse erweicht, in mißfarbigen, schmierigen Massen, mit schleimigem, kratzendem Beigeschmack. M. besteht vorwiegend aus Mannit (bis 70 und 80 Proz.), neben dem, am meisten in den geringern Sorten, Zucker, Schleim und wenig Harz vorkommen. Der Aschengehalt der besten forte beträgt 3,6 Proz., der Wassergehalt der geringsten Sorten 10–15 Proz. M. dient als mildes abführendes Mittel. Durch den St ich einer Zikade (Cicada orni) ausfließender Saft bildet die Tränen in kleinen Körnern. Ähnliche Ausschwitzungen auf andern Pflanzen enthalten nur Zucker, Dextrin, aber kein Mannit. Eichen entsteht in Mesopotamien, Kurdistan und Persien auf mehreren Eichen, besonders auf verschiedenen Formen von Quercus Vallonea und Q. persica, durch den Stich einer Schildlaus und erstarrt zu farblosen, abfallenden Tropfen. Man sammelt die mit der M. bedeckten Blätter und wiegt sie, so daß sie eine graugrünliche Masse darstellen; auch löst man die M. in Wasser, verdampft die Lösung zu Sirupsdicke, mischt sie mit Mehl und trocknet den Teig, der ein beliebtes Konfekt darstellt, auf Leinwand an der Sonne. Das in Persien sehr beliebte Gesengebinde stammt von Astragalussträuchern und wird mit Eiweiß, Mandeln, Pistazien etc. zu einem allgemein gebräuchlichen Konfekt verarbeitet. Die Tamarisken entsteht auf Tamarix gallica var. mannifera durch den Stich der schildlaus (Coccus manniparus), aber, wie es scheint, nur unter bestimmten klimatischen Verhältnissen, daher nicht überall, wo die Pflanze wächst, auch nicht in jedem Jahr. Auf der Sinaihalbinsel ergießt sie sich in den Monaten Juni bis August, besonders in der Nacht, und sammelt sich in hellgelben Kügelchen auf dem Boden. Sie wird von den Arabern als Zukost zum Brot gegessen und von den Beduinen in kleine Blechzylinder gepreßt und als biblische M. verkauft. Die M. der Bibel war aber ebensowenig Tamarisken wie Terengebin (Fruchthonig, Alhagi), das in Chorasan auf Alhagi Maurorum in roten Körnern entsteht, als Nahrungsmittel benutzt wird und abführend wirkt. Viel besser passen die Angaben der Bibel auf eine Flechte, Lecanora esculenta, die in den betreffenden Gegenden so überraschend auftritt, daß die Juden erstaunt fragen konnten: Manhu? Was ist das?. Erwähnenswert sind noch: die M. von Briançon, von der Lärche (Larix decidua) auf den Bergen bei Briançon gesammelt und früher als Abführmittel benutzt; über australische M. und Lerp s. Eucalyptus. Andropogon annulatus. ein im innern und subtropischen Afrika, Asien und Australien vorkommendes Gras, bildet in Queensland an seinen Knoten haselnußgroße Ausschwitzungen, die zu 75 Proz. aus Mannit bestehen. In dieser M. wuchert ein Pilz, anscheinend eine Hefen- (Saccharomyces-) Art, die Rohrzucker in Mannit verwandelt. Das Gras dürfte also Rohrzucker ausscheiden, der durch den Pilz in Mannit umgewandelt wird.
Quelle
Meyers Großes Konversations-Lexikon (Sechste Auflage). Ein Nachschlagewerk des allgemeinen Wissens. Sechste, gänzlich neubearbeitete und vermehrte Auflage. Mit mehr als 16,800 Abbildungen im Text und auf über 1500 Bildertafeln, Karten und Plänen sowie 160 Textbeilagen. Leipzig und Wien: Bibliographisches Institut, 1905–1909 (Infos).