Zitronmelisse

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Zitron­me­lis­se, Melis­sa offi­ci­na­lis, L. [Zorn, pl. med. tab. 134] mit wir­tel­för­mi­gen Blu­men­trau­ben auf ein­fa­chen Stiel­chen, wel­che aus den Blatt­win­keln her­vor­kom­men; ein auf Ber­gen im süd­li­chen Euro­pa, auch in der Schweiz und bei Genf ein­hei­mi­sches, auf zwei Fuß hohes Kraut mit mehr­jäh­ri­ger Wur­zel, wel­ches in unsern Gär­ten im July bis August weiß und blaß­röth­lich blüht.

Das Kraut oder viel­mehr die noch nicht blü­hen­den Neben­schöß­lin­ge mit ihren herz­för­mi­gen, wenig behaar­ten Blät­tern (Hb. Melis­sae citri­nae, s. citra­tae, s. hor­ten­sis, Citra­gi­nis, Citro­nell­ae) haben frisch einen ange­neh­men, fast zitron­schal­ähn­li­chen Geruch und einen schwa­chen, etwas bar­schen, und aro­ma­ti­schen Geschmack. Frisch getrock­net kommt ihr Geschmack und Geruch hie­mit über­ein; durch nach­läs­si­ge Auf­be­wah­rung ver­liert es viel. Im Blü­hen und Ver­blü­hen darf die Pflan­ze nicht gesam­melt wer­den; dann ist der Geruch wid­rig. Ob sie gleich zu die­ser Zeit mehr wesent­li­ches Oel in der wäs­se­ri­gen Destil­la­ti­on gie­bt, so ist es doch weit unan­ge­neh­mer, als das von der noch nicht blü­hen­den (fri­schen) Pflan­ze, wel­che /​1020 eines hell­far­bi­gen äthe­ri­schen Oels (Ol. dest. Melis­sae citra­tae) lie­fern soll, an des­sen Stel­le man aber nicht sel­ten das von Mol­dau­er­dra­chen­kopf (w.s.) und der Scharfs­ten­gel­mo­nar­de (w.s.) destil­lir­te, oder auch das Oel von Kameel­heu­manns­bart (w.s.) erhält.

Die Alten haben viel Abgöt­te­rei mit die­ser Pflan­ze getrie­ben und den Auf­guß davon, so wie das wesent­li­che Oel in einer unge­heu­ern Men­ge Krank­hei­ten gerühmt, vor­züg­lich in soge­nann­ten Ner­ven­schwä­che, in Schlag­fluß, Fall­sucht, Schwin­del, Läh­mung, Hypo­chon­drie, Herz­klop­fen, Melan­cho­lie und Bleich­sucht. Auch heut zu Tage bedient man sich des­sel­ben noch empi­risch, ohne sei­ne eigent­hüm­li­che Wir­kungs­art ins Licht gesetzt zu haben.