Wiesenrauteheilblatt

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Wie­sen­rau­te­heil­blatt, Tha­lic­trum fla­vum, L. [Zorn, pl. med. tab. 406] mit gefurch­tem Sten­gel mit zusam­men­ge­setz­ten Blät­tern besetzt, deren Blätt­chen scharf drei­spal­tig sind, und mit viel­fa­cher, auf­rech­ter, dich­ter Blüt­hen­ris­pe mit auf­rech­ten Blu­men; ein auf feuch­ten Wie­sen woh­nen­des, drei, vier und meh­re­re Fuß hohes Kraut mit mehr­jäh­ri­ger Wur­zel, wel­ches im July klei­ne wei­ße Blu­men mit grü­nen Staub­fä­den trägt.

Die äus­ser­lich in fri­schem Zustan­de buchs­baum­far-bige, tro­cken brau­ne, inner­lich gel­be, krie­chen­de Wur­zel (Rad. Tha­lic­tri, magni, s. Tha­liet­ri) ist mit einem süß­licht­bit­tern wid­ri­gen Saf­te ange­füllt. Sie färbt die Wol­le gelb, und beim arz­nei­li­chen innern Gebrau­che färbt sie den Spei­chel, den Stuhl­gang und den Harn gold­gelb, wel­chem lez­tern sie auch einen beson­dern Geruch mitt­heilt. Die Alten ver­si­chern, daß sie in drei­fa­cher Gabe, wie die Rha­bar­ber abfüh­re und die Ein­ge­wei­de stär­ke. So wie aber alle genaue Gleich­schät­zung bota­nisch ver­schied­ner Gewäch­se immer irre führt, so ist es auch mehr als wahr­schein­lich, daß die­se Wur­zel ganz eigent­hüm­li­che, der Rha­bar­ber unähn­li­che Wir­kun­gen im mensch­li­chen Kör­per äus­sern müs­se, die nur noch unbe­kannt sind. Ihr Absud soll Lau­se und Haut­mil­ben töden. Ihre Anrüh-mung in Gelb­sucht, Ver­stop­fung der Leber und Bleich­sucht beruht wohl nur auf Muth­ma­ßung. Die gequetsch­te Wur­zel wird an eini­gen Orten im Hüft­weh (empi­risch) umgeschlagen.

Die dun­kel­grün glän­zen­den, schärf­licht bit­ter schme­cken­den, und wid­rig rie­chen­den Blät­ter (Fol. Tha­lic­tri magni, s. Tha­liet­ri) sol­len eben­falls den Leib eröf­nen, vor­züg­lich aber Harn und Nie­ren­gries trei­ben. Am meis­ten aber hat sich ihr frisch aus­ge­preß­ter Saft als Haus­mit­tel in Hei­lung der Wun­den und Geschwü­re beim Vol­ke berühmt gemacht, und da auch der stin­ken­de Geruch die­ses Krau­tes schon Fall­süch­ti­ge aus ihrem Anfal­le zurück­ge­bracht hat, so ist es nicht ganz unwahr­schein­lich, daß die­ser Geruch auch eini­ge Ner­ven­krank­hei­ten der Kin­der, die der Aber­glau­be von Behe­xen abzu­lei­ten pflegt, ver­trie­ben haben kön­ne, wenn das Kraut in der Kin­der­stu­be oder an der Wie­ge auf­ge­han­gen wor­den, wie uns­re Vor­fah­ren versichern.

Den gel­ben, läng­lich­ten, gefurch­ten, bit­tern Samen hat man ant­epi­lep­ti­sche Tugen­den zuge­schrie­ben, und sie in Leis­ten­brü­chen der Kin­der, auch in Blut­flüs­sen und Durch­fäl­len gerühmt. Es wäre der Mühe werth, die Heil­kräf­te die­ses Krau­tes und sei­ner Thei­le genau­er zu prüfen.