Tollstechapfel

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Tolls­tech­ap­fel, Datu­ra Stra­mo­ni­um, L. [Zorn, pl. med. tab. 286] mit auf­rech­ten, eiför­mi­gen, dor­ni­gen Frucht­kap­seln und eirun­den, glat­ten Blät­tern: ein zwei Fuß hohes Som­mer­ge­wächs, wie man sagt, ame­ri­ka­ni­scher Abkunft, bei uns auf san­di­gen Mists­tä­ten, und Schutt­hau­fen ein­hei­misch, wel­ches im August gro­ße wei­ße Blu­men trägt.

Die gro­ßen, am Ran­de aus­ge­schweift gezahn­ten, wei­chen, vor­züg­lich beim Zer­drü­cken wid­rig stin­ken­den, und ekel­haft schme­cken­den Blät­ter (Hb. Stra-monii) erre­gen schon durch den Geruch eine Trun­ken­heit, wie vom Tabak­rau­chen bei Unge­wohn­ten, und Kopf­schmerz, beim innern Gebrau­che grö­ße­rer Gaben aber sehr hef­ti­ge Zufäl­le, die mit gro­ßer Erkal­tung des Kör­pers, Sinn­lo­sig­keit, Stumm­heit, Unter­drü­ckung aller Aus­lee­run­gen, auf­ge­trie­be­nem Lei­be, Läh­mung, u.s.w. anfan­gen, dann in klo­ni­sche Krämp­fe, Hit­ze, schwat­zen­den Wahn­sinn, auch wohl Wuth über­ge­hen, und sich nicht sel­ten mit dem Tode endi­gen. Man bedient sich des­sel­ben als ein­ge­dick­ten Saft, bei der gelin­des­ten Wär­me, oder, bes­ser, an frei­er Luft abge­dampft, zu den unge­heu­ern Gaben von einem bis fünf, auch wohl acht Gran, zwei und mehr­mahl täg­lich, (wovon in den meis­ten Fäl­len, wenn es auf­gelößt gege­ben wird, nach mei­ner Erfah­rung der hun­derts­te, auch wohl tau­sends­te Theil zureicht, wenn der Dikksaft gut war) in noch nicht völ­lig bestimm­tem Wahn­sinn, und den Manien der Wöch­ne­rin­nen, und in eben­falls noch nicht genau genug unter­schie­de­nen Krämp­fen. Hie­n­ach läßt sich sagen, daß sei­ne Anwen­dung noch in der Kind­heit liegt, und daß man vor die­ser sehr kräf­ti­gen Pflan­ze der­einst gro­ße Hül­fe zu erwar­ten habe. Der Dick­saft führt, wie der von meh­re­ren auf Dungs­tä­ten wach­sen­den Pflan­zen, vom Ta-back, Bil­sen, Schwarz­nacht­schat­ten, den Gän­se­fuß­ar­ten, u.s.w. immer wah­ren, krystal­li­ni­schen Sal­pe­ter bei sich.

Ich habe fast gegen kei­ne nar­ko­ti­sche Pflan­ze ein schnel­le­res und voll­komm­ne­res Anti­dot gefun­den, als der Citron­saft, oder die den­sel­ben ent­hal­ten­den Bee­ren, z.B. Ber­be­ritz- oder Johan­nis­bee­ren gegen den Stech­ap­fel sind.

Die Alten brauch­ten das frisch zer­quetsch­te Kraut äus­ser­lich als ein schmerz­stil­len­des und Erwei­chungs­mit­tel, auch auf ver­brann­te Stel­len gelegt.

Die nie­ren­för­mi­gen, äus­ser­lich schwarz­grau­en, sehr wid­rig schme­cken­den und eben so hef­tig wir­ken­den Samen (Sem. Daturae) führ­te man ehe­dem in Apo­the­ken, und bestrich mit dem in Essig berei­te­ten kal­ten Auf­gus­se die frie­sel­ar­ti­ge Freß­flech­te und die sich all­mäh­lich ver­brei­ten­de Rose, man weiß nicht, mit wel­chem sichern Erfolge?