Quittenbirne

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Quit­ten­bir­ne; Pyrus Cydo­nia, L. [Zorn, pl. med. tab. 306] mit ein­fa­chen, ganz glatt­ran­di­gen Blät­tern und stiel­lo­sen Blüt­hen, ein nied­ri­ger, krum­mäs­ti­ger Baum, aus Kan­di­en gebür­tig, und in unsern Gär­ten auf feuch­tem Boden ein­ge­wohnt, mit gro­ßer röth­lich wei­ßer Blume.

Die gel­ben, wol­li­gen, erqui­ckend rie­chen­den Früch­te (Cydo­nia coto­nea) wer­den, je nach­dem sie mehr klein und rund, Quit­ten­äp­fel, oder mehr läng­licht und grö­ßer sind, Quit­ten­bir­nen genannt, und ent­hal­ten inner­halb eines har­ten Flei­sches ein fünf­fä­che-riges Samen­be­hält­niß voll Samen (Quit­ten­kör­ner Sem. cydo­niorum) die, von der Gestalt der Aep­fel­ker-ne, unter einer brau­nen Haut ein wei­ßes Mark ent­hal­ten, wel­ches aus der Hälf­te sei­nes Gewichts Schleim besteht. Ein Theil die­ser Samen macht vier­zehn Thei-le Was­ser zum dicken, geschmack­lo­sen Schlei­me, wenn man Samen und Was­ser zusam­men stößt und selbst 48 Thei­le kochen­den, damit infun­dir­ten Was­sers zum zähen Schlei­me von eiweiß­ar­ti­ger Kon­sis­tenz; doch gie­bt der gan­ze Samen blos mit dem kal­ten Was­ser eini­ge Zeit zusam­men geschüt­telt, ein farbelo­se­res Gum­mi. Man bedient sich des­sel­ben theils zur Auf­lö­sung der Gum­mi­har­ze in Was­ser, z.B. des Ammo­ni­ak­gum­mis, theils und vor­züg­lich zu äußern Behu­fen zur Lin­de­rung und Schmei­di­gung wun­der, schmerz­haf­ter Thei­le an auf­ge­sprun­ge­ne Mund­lip­pen, auf­ge­so­ge­ne Brust­war­zen, auf ver­brann­te haut­lo­se Stel­len, in Augen­was­sern, u.s.w.

Das fri­sche har­te Fleisch der Quit­ten ent­hält einen schrump­fend und her­be schme­cken­den Saft, wel­cher aus einer noch nicht unter­such­ten eige­nen Abart der Gewächs­säu­re (Herb­säu­re könn­te man sie nen­nen) besteht, die unge­ach­tet ihrer stark zusam­men­zie­hen­den Kraft, doch kei­ne Din­te mit Eisen­auf­lö­sun­gen bil­det, in der Hit­ze aber behan­delt, sich größ­tent­heils in Süßig­keit umän­dert. Aus­ge­preßt und kalt mit Zucker ver­süßt wird die­ser Saft in Gal­len­fie­bern, mit Erbre­chen und Durch­lauf beglei­tet, sehr gerühmt; mit Eisen­fei­le diger­irt, gie­bt er eine beson­de­re Eisen­tink­tur (Tinc­tu­ra mar­tis cydo­nia­ta);mit Zucker ein­ge­sot­ten aber einen zit­tern­den Rhob (Quit­ten­lat­wer­ge, Rhob, Gela­ti­na, Miva Cydo­niorum, auch wohl pul­pa Cydon. und Dia­cy­do­ni­um luci­dum sim­plexgenannt) in gal­lich­ten Durch­fäl­len gebräuchlich.

Das Fleisch selbst, von der Scha­le und den innern Saa­men­be­hält­nis­sen gerei­nigt, in Was­ser weich gekocht, etwas abge­trock­net und mit einem war­men aus fei­nem Zucker berei­te­ten Sirup über­gos­sen, bil­det die ein­ge­mach­ten Quit­ten (Con­di­t­um Cydo­niorum), nach dem Kochen aber durch ein Sieb gerie­ben und mit halb so viel Zucker zur Kon­sis­tenz eines Teigs abge­dampft, das soge­nann­te Quit­ten­brod (Panis cydo­niorum) bei­des mehr Lecke­rei­en als Arzneimittel.

Durchs Trock­nen ver­lie­ren die Quit­ten fast alle Herbig­keit, so wie alle Zube­rei­tun­gen der­sel­ben mit Hül­fe des Feu­ers einen gro­ßen Theil ihres schrump­fen­den Bestandt­heils in Süßig­keit umändern.