Mensch

Hahnemanns Apothekerlexikon
vorheriges KapitelZurückInhaltsverzeichnisWeiternächstes Kapitel

Mensch (Homo). Die Arz­nei­en sind offen­bar mehr um des Men­schen wil­len da, als daß er selbst den Stoff zu Arz­nei­en her­zu­ge­ben geschaf­fen seyn soll­te. Sein thie­r­i­scher Theil lie­fert kei­ne Sub­stanz, die man nicht eben so gut von uned­lern Thie­ren ent­leh­nen könn­te. Die­ser ganz natür­li­chen Betrach­tung unein­ge-denk hat man ehe­dem das aus den Haa­ren destil­lir­te (Ammo­ni­ak­lau­gen-) Salz gegen Ner­ven­zu­fal­le, das Oel zum Wachsthum der Haa­re, und die Asche gegen Gelb­sucht, die Fin­ger­nä­gel als ein Pur­gir­mit­tel, das Ohren­schmalz in Nagel­ge­schwü­ren und gegen Gesichts­schwä­che, den Spei­chel als ein Wund­mit­tel, das fri­sche noch war­me Blut (zuwei­len mit Lebens­ge­fahr) gegen Fall­sucht, den Harn in Bleich­sucht, Was­ser­sucht, Gicht und Hypo­chon­drie inner­lich, so wie äußer­lich gegen Gicht­schmer­zen und Kopf­aus­schlä­ge gebraucht. Die nütz­li­che­re Destil­la­ti­on des fau­len­den Urins zur Sal­mi­ak­be­rei­tung und sei­ne Anwen­dung zum Phos­phor war ihnen kaum bekannt. Einen eben so ekel­haf­ten Gebrauch hat man in ältern Zei­ten vom Kothe äußer­lich auf Pest­beu­len, von dem dar­aus destil­lir­ten Was­ser als einem Schön­heits­mit­tel, und dem dar­aus destil­lir­ten Oele gegen Haut­aus­schlä­ge, von der Nach­ge­burt gegen Fle­cken und War­zen des Gesichts und dem Pul­ver davon gegen Fall­sucht, Bär-mut­terunt­hä­tig­keit und Kolik, vom Fet­te als einem schmerz­stil­len­den, erwei­chen­den zert­hei­len­den Mit­tel äußer­lich, und inner­lich gegen Atro­phie und Blut­spei­en, und von der Hirn­scha­le (vor­züg­lich gewalt­sam Get­öde­ter) gegen Fall­sucht gemacht. Sol­che Gei-stes­ver­ir­run­gen ver­die­nen aber kei­ne Kritik.

Die vor etli­chen tau­send Jah­ren in Egyp­ten durch eine nicht völ­lig bekann­te Ein­bal­sa­mi­rung erhal­te­nen Lei­chen, die Mumi­en (Mumia), sind ein har­tes, trock-nes, glän­zend schwar­zes Fleisch von nicht unan­ge­neh­men Geru­che und bit­ter­li­chem Geschma­cke, wel­ches von unsern Vor­el­tern zur Zert­hei­lung der Ekchy-mosen und Geschwüls­te, als ein angeb­lich eröff­nen­des Mit­tel des Gehirns und der Bär­mut­ter, und gegen wei­ßen Fluß gebraucht wor­den ist.

Das zu uns­rer ers­ten Nah­rung so unent­behr­li­che Pro­dukt des müt­ter­li­chen Kör­pers, die Frau­en­milch muß sehr dünn, durch­schei­nend, von etwas bläu­lich­ter Far­be, und sehr süßem Geschma­cke seyn und schnell einen leicht zert­heil­ba­ren Rahm oben abset­zen. Bei Fleisch­nah­rung gerinnt sie nie vor sich, auch bei dem thie­r­i­schen Wär­me­gra­de selbst von kei­ner bekann­ten Säu­re nicht, selbst nicht vom Käl­ber­ma­gen­saf­te, und ent­hält, etwa in zwei Pfun­den, sechs Quent­chen But­ter, ein Loth Käse und zwei Loth Milch­zu­cker. Sie gie­bt die natür­lichs­te und vor­züg­lichs­te Nah­rung für neu­ge­bor­ne Kin­der und ist auch bei Erwach­se­nen in ver­schied­nen Arten von Ent­kräf­tung mit Nut­zen ange­wen­det wor­den; nur daß ältern Per­so­nen das Sau­gen so schwer fällt.