Lehrbuch der biologischen Heilmittel
Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:
Rubia tinctorum ist ein Hauptmittel bei Nephro- und Cystolithiasis+), das häufig Oxalat- und Phosphatsteine zur Auflösung und zum Abgang bringt. Ãber die nierensteinabtreibende Kraft liegen mir einige hundert positive Berichte vor. Auch in Kliniken wurde zum Teil unter Röntgenkontrolle die gute Wirkung von Rubia verfolgt. Das besagt nicht, daà jeder Nierenstein durch Rubia abgetrieben wird. Wenn der Urin blutund eiweiÃhaltig ist, so versagt z. B. Rubia vielfach. Von anderen Erkrankungen der Harnorgane werden insbesondere Phosphaturie, Pyelocystitis und Enuresis nocturna günstig beeinfluÃt.
Schematische Darstellung der Häufigkeit der Anwendung verschiedener Heilpflanzen bei:
Wichtig ist Rubia auch bei der Behandlung der Knochentuberkulose, der Enteritis tuberculosa sowie bei Rachitis, Skrofulose und Milzleiden. Auch bei der mit Chlorose und Anämie verbundenen Amenorrhöe kann das Mittel gute Dienste leisten.
Als Wechselmittel wird Berberis bevorzugt. Bei der Verordnung von Rubia ist stets auf das Rosa- oder Rotwerden des Urins (vgl. auch Wirkung) zu achten.
+) Beispiel für die Anwendung:
1. Fall O. J. Ministerialinspektor, 50 Jahre alt, klagte seit 1917 (im Anschluà an Erkältung als Soldat) über Nierenkoliken, als deren Ursache Nierensteine einwandfrei festgestellt waren. Als schmerzstillendes Mittel wurde Atropin. sulf. D 4 gegeben und als spezifisch wirkendes Mittel Rubia “Teep” 0 sowie Rubia Oligoplex forte. Patient konnte nach sechsmonatlicher Behandlung entlassen werden und ist seit Jahresfrist anfallsfrei.
2. Fall F. R. 24jährige Ehefrau litt seit einigen Wochen an heftigen Schmerzen im Rücken, zur Blase hinziehend, als deren Ursache Nierensteine festgestellt wurden.
Therapie: Rubia “Teep” 0, Rubia Oligoplex, zusätzlich Packungen und Umstellung der Ernährung auf rein vegetarische Kost. Nach sechswöchentlicher Behandlung ging ein mittelgroÃer Stein ab und Patientin ist seit Jahren beschwerdefrei.
Angewandter Pflanzenteil:
Als Literaturstellen nennen die Wurzel als verwendet: Hecker, Geiger, Hufeland, Clarus, Dragendorff, Meyer, Schulz, Schmidt, Hager, Thoms. Nur die alten Kräuterbücher, Bock, Matthiolus, Lonicerus wissen auch von der Verwendung des Krautes zu berichten. Das HAB. schreibt zur Herstellung der Tinktur die getrocknete Wurzel (§ 4) vor. Das “Teep” wird aus den frischen Wurzeln bereitet. Erntezeit: September bis Oktober.
Radix Rubiae ist offizinell in Rumänien, Portugal und Mexiko.
Dosierung:
Ãbliche Dosis:
1 g des Pulvers dreimal täglich (Bauer).
4 Tabletten Rubia “Teep” pur. dreimal täglich bei Nierensteinen.
(Der Urin soll dauernd schwach rosa gefärbt sein. 1 Tablette = 0,25 g Rad. Rubiae.)
1 Tablette Rubia “Teep” pur. dreimal täglich bei Enteritis tuberculosa.
Maximaldosis:
Nicht festgesetzt.
Rezepte:
Bei Bleichsucht:
Rp.:
Rad. Rubiae tinctor. conc.
30
(= Krappwurzel)
D.s.: 1 Teelöffel voll mit 1 Glas Wasser kalt ansetzen, 8 Stunden ziehen lassen,
dann abgieÃen, den Teerückstand mit 1 Glas heiÃem Wasser 10 Minuten ziehen lassen,
beide Aufgüsse vermengen und tagsüber trinken.
Preis nach Arzneitaxe 10 g -.10 RM.
Bei Nierensteinen (nach Meyer):
Rp.:
Pulv. rad. Rubiae tinct.
1
d. tal. dos. Nr. XX ad capsulas amylaceas.
S.: Dreimal täglich 1 Pulver bis zur Rotfärbung des Urins.
Rezepturpreis ad scat. etwa 2.35 RM.
Fußnoten:
1 Lonicerus, Kreuterbuch, 1564, S. 341 D.
2 Bock, Kreutterbuch, 1565, S. 185.
3 Matthiolus, New-Kreuterbuch, 1626, S. 279.
4 Tabernaemontanus, Kräuterbuch, 1731, S. 1179.
5 v. Haller, Medicin. Lexicon, 1755, S. 1190.
6 Hecker, Pract. Arzneimittell., 1814, Bd. 1, S. 180.
7 Hufeland, Enchir. med., S. 372, 414; Journal Bd. 53, I., S. 57.
8 Clarus, Handb. d. spec. Arzneimittell., 1860, S. 1169.
9 Bauer, Münchn. med. Wschr. 1924, Nr. 7, S. 206; ders., Ztschr. f. Urologie 1924, Bd. 18, H. 8.
10 Bauer, Beitr. z. Klin. d. Tuberkul. 1918, Bd. 39, Nr. 2, S. 132.
11 Vgl. 10).
12 Meyer, Pflanzl. Therapie, 1935, S. 148.
13 Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arzneipfl., S. 239.
14 Schmidt, Lehrb. d. hom. Arzneimittell., S. 274; Stauffer, Klin. hom. Arzneimittell., S. 838.
15 Kobert, Lehrb. d. Pharmakother., 1908, S. 135.
16 Vgl. 6).
17 E. Glaser u. O. Kahler, Ber. d. Dtsch. Chem. Ges. 1927, H. 6, S. 1349.
18 Wehmer, Pflanzenstoffe, S. 1179; Rupe, “Natürl. Farbstoffe”, 1900, Bd. 1, S. 210.
19 Teezubereitung:
Der Extraktgehalt des heià im Verhältnis 1:10 bereiteten Tees beträgt 3,2% gegenüber 2,9% bei kalter Zubereitung. Die entsprechenden Aschengehalte sind 0,25% bei heiÃer und 0,20% bei kalter Zubereitung. Die Peroxydasereaktion war infolge der dunkelroten Farbe des Tees nicht mit Sicherheit durchzuführen. Geschmacklich konnte ein sicherer Unterschied zwischen kalter und heiÃer Zubereitung nicht festgestellt werden. 1 Teelöffel voll wiegt etwa 2,1 g. Auch ein im Verhältnis 1:100 bereiteter Tee hat einen unangenehmen Geschmack, ein Ansatz 1 : 50 ist kaum noch trinkbar.