Ger­hard Mad­aus: Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heil­mit­tel. Ver­lag Georg Thie­me, Leip­zig, 1938
(Ori­gi­nal, voll­stän­dig erhal­ten) – bei eBay zu ver­kau­fenRezen­si­on 1938, Archiv der Pharmazie

Rubia tinctorum – Seite 4 von 4 – Monographie Madaus

Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heilmittel
Mono­gra­phie Rubia tinc­torum (Sei­te 4 von 4)
vorherige Monographievorherige SeiteIndex  - Lehrbuch der biologischen Heilmittelnächste Seitenächste Monographie

Anwendung in der Praxis auf Grund der Literatur und einer Rundfrage:

Rubia tinc­torum ist ein Haupt­mit­tel bei Nephro- und Cysto­li­thi­asis+), das häufig Oxa­lat- und Phos­phat­stei­ne zur Auflösung und zum Abgang bringt. Über die nie­ren­stein­ab­trei­ben­de Kraft lie­gen mir eini­ge hun­dert posi­ti­ve Berich­te vor. Auch in Kli­ni­ken wur­de zum Teil unter Röntgenkontrolle die gute Wir­kung von Rubia ver­folgt. Das besagt nicht, daß jeder Nie­ren­stein durch Rubia abge­trie­ben wird. Wenn der Urin blutund eiweißhaltig ist, so ver­sagt z. B. Rubia viel­fach. Von ande­ren Erkran­kun­gen der Harn­or­ga­ne wer­den ins­be­son­de­re Phos­pha­tu­rie, Pye­lo­cys­ti­tis und Enure­sis noc­tur­na güns­tig beeinflußt.

Schematische Darstellung der Häufigkeit der Anwendung verschiedener Heilpflanzen bei:

Wich­tig ist Rubia auch bei der Behand­lung der Kno­chen­tu­ber­ku­lo­se, der Enteri­tis tuber­cu­losa sowie bei Rachi­tis, Skrofu­lo­se und Milz­lei­den. Auch bei der mit Chlo­ro­se und Anämie ver­bun­de­nen Amenorrhöe kann das Mit­tel gute Diens­te leisten.
Als Wech­sel­mit­tel wird Ber­be­ris bevor­zugt. Bei der Ver­ord­nung von Rubia ist stets auf das Rosa- oder Rot­wer­den des Urins (vgl. auch Wir­kung) zu achten.

+) Beispiel für die Anwendung:

1. Fall O. J. Minis­te­ri­al­in­spek­tor, 50 Jah­re alt, klag­te seit 1917 (im Anschluß an Erkältung als Sol­dat) über Nie­ren­ko­li­ken, als deren Ursa­che Nie­ren­stei­ne ein­wand­frei fest­ge­stellt waren. Als schmerz­stil­len­des Mit­tel wur­de Atro­pin. sulf. D 4 gege­ben und als spe­zi­fisch wir­ken­des Mit­tel Rubia “Teep” 0 sowie Rubia Oli­go­plex for­te. Pati­ent konn­te nach sechs­mo­nat­li­cher Behand­lung ent­las­sen wer­den und ist seit Jah­res­frist anfallsfrei.
2. Fall F. R. 24jährige Ehe­frau litt seit eini­gen Wochen an hef­ti­gen Schmer­zen im Rü­cken, zur Bla­se hin­zie­hend, als deren Ursa­che Nie­ren­stei­ne fest­ge­stellt wurden.
The­ra­pie: Rubia “Teep” 0, Rubia Oli­go­plex, zusätzlich Packun­gen und Umstel­lung der Ernährung auf rein vege­ta­ri­sche Kost. Nach sechswöchentlicher Behand­lung ging ein mittelgroßer Stein ab und Pati­en­tin ist seit Jah­ren beschwerdefrei.

Angewandter Pflanzenteil:

Als Lite­ra­tur­stel­len nen­nen die Wur­zel als ver­wen­det: Hecker, Gei­ger, Hufe­land, Cla­rus, Dra­gen­dorff, Mey­er, Schulz, Schmidt, Hager, Thoms. Nur die alten Kräuterbücher, Bock, Mat­thio­lus, Loni­ce­rus wis­sen auch von der Ver­wen­dung des Krau­tes zu berich­ten. Das HAB. schreibt zur Her­stel­lung der Tink­tur die getrock­ne­te Wur­zel (§ 4) vor. Das “Teep” wird aus den fri­schen Wur­zeln berei­tet. Ern­te­zeit: Sep­tem­ber bis Oktober.
Radix Rubiae ist offi­zi­nell in Rumänien, Por­tu­gal und Mexiko.

Dosierung:

Übliche Dosis:
1 g des Pul­vers drei­mal täglich (Bau­er).
4 Tablet­ten Rubia “Teep” pur. drei­mal täglich bei Nierensteinen.
(Der Urin soll dau­ernd schwach rosa gefärbt sein. 1 Tablet­te = 0,25 g Rad. Rubiae.)
1 Tablet­te Rubia “Teep” pur. drei­mal täglich bei Enteri­tis tuberculosa.
Maxi­mal­do­sis:
Nicht fest­ge­setzt.

Rezepte:

Bei Bleich­sucht:
Rp.:
Rad. Rubiae tinc­tor. conc.
30
(= Krapp­wur­zel)
D.s.: 1 Teelöffel voll mit 1 Glas Was­ser kalt anset­zen, 8 Stun­den zie­hen lassen,
dann abgießen, den Teerück­stand mit 1 Glas heißem Was­ser 10 Minu­ten zie­hen lassen,
bei­de Auf­güs­se ver­men­gen und tags­Ã¼­ber trin­ken19.
Preis nach Arz­nei­ta­xe 10 g -.10 RM.
Bei Nie­ren­stei­nen (nach Meyer):
Rp.:
Pulv. rad. Rubiae tinct.
1
d. tal. dos. Nr. XX ad cap­su­las amylaceas.
S.: Drei­mal täglich 1 Pul­ver bis zur Rotfärbung des Urins.
Rezep­tur­preis ad scat. etwa 2.35 RM.

Fußnoten:

1 Loni­ce­rus, Kreu­ter­buch, 1564, S. 341 D.

2 Bock, Kreut­ter­buch, 1565, S. 185.

3 Mat­thio­lus, New-Kreu­ter­buch, 1626, S. 279.

4 Taber­naemon­ta­nus, Kräuterbuch, 1731, S. 1179.

5 v. Hal­ler, Medi­cin. Lexi­con, 1755, S. 1190.

6 Hecker, Pract. Arz­nei­mit­tell., 1814, Bd. 1, S. 180.

7 Hufe­land, Enchir. med., S. 372, 414; Jour­nal Bd. 53, I., S. 57.

8 Cla­rus, Handb. d. spec. Arz­nei­mit­tell., 1860, S. 1169.

9 Bau­er, Münchn. med. Wschr. 1924, Nr. 7, S. 206; ders., Ztschr. f. Uro­lo­gie 1924, Bd. 18, H. 8.

10 Bau­er, Beitr. z. Klin. d. Tuber­kul. 1918, Bd. 39, Nr. 2, S. 132.

11 Vgl. 10).

12 Mey­er, Pflanzl. The­ra­pie, 1935, S. 148.

13 Schulz, Wirkg. u. Anwendg. d. dtsch. Arz­nei­pfl., S. 239.

14 Schmidt, Lehrb. d. hom. Arz­nei­mit­tell., S. 274; Stauf­fer, Klin. hom. Arz­nei­mit­tell., S. 838.

15 Kobert, Lehrb. d. Phar­ma­ko­ther., 1908, S. 135.

16 Vgl. 6).

17 E. Gla­ser u. O. Kah­ler, Ber. d. Dtsch. Chem. Ges. 1927, H. 6, S. 1349.

18 Weh­mer, Pflan­zen­stof­fe, S. 1179; Rupe, “Natürl. Farb­stof­fe”, 1900, Bd. 1, S. 210.

19 Teezubereitung:

Der Extrakt­ge­halt des heiß im Verhältnis 1:10 berei­te­ten Tees beträgt 3,2% gegen­Ã¼­ber 2,9% bei kal­ter Zube­rei­tung. Die ent­spre­chen­den Aschen­ge­hal­te sind 0,25% bei heißer und 0,20% bei kal­ter Zube­rei­tung. Die Per­oxy­da­se­re­ak­ti­on war infol­ge der dun­kel­ro­ten Far­be des Tees nicht mit Sicher­heit durch­zu­füh­ren. Geschmack­lich konn­te ein siche­rer Unter­schied zwi­schen kal­ter und heißer Zube­rei­tung nicht fest­ge­stellt wer­den. 1 Teelöffel voll wiegt etwa 2,1 g. Auch ein im Verhältnis 1:100 berei­te­ter Tee hat einen unan­ge­neh­men Geschmack, ein Ansatz 1 : 50 ist kaum noch trinkbar.