Botanisches:
Die 1,20 m hohe zitronen- oder zimtartig duftende, ausdauernde, Wärme und Kalkboden liebende eurasische Pflanze besitzt im unteren Teile einfache, oben aber unpaarig gefiederte, durch kugelige Sekreträume durchscheinend punktierte Blätter und rot‑, seltener weißblühende, protrandrische Blüten. Ihre Fruchtstände sind so ölhaltig, daß der die Pflanze umgebende Dunst sich an schwülen und stillen Tagen leicht zur Entzündung bringen läßt. Er verbrennt an dunklen Abenden mit leuchtender Flamme. Die Pflanze selbst soll darunter nicht leiden. Diptam tritt in Massen auf Kahlschlägen nach Eichen auf, wie bei Bauslam beobachtet wurde. Die Samen gehen nur nach Lagerung bis zu zwei Monaten auf. Ältere Samen sollen nicht mehr keimen. Blütezeit: Mai bis Juni. Eine Dictamnusart ist wohl auch der “feurige Busch” der Bibel.
Dictamnus alba steht in Deutschland vollkommen (ober- und unterirdische Teile) unter Naturschutz.
Das aus den Früchten des Diptam verdunstende
ätherische Öl läßt sich leicht entflammen.
Geschichtliches und Allgemeines:
In den Schriften der alten Griechen und Römer läßt sich der Weiße Diptam nirgends mit Sicherheit nachweisen, obgleich er in Italien wild wächst. Eine bekannte, wegen der ihr zugeschriebenen wunderbaren Heilkräfte vielgerühmte Pflanze ist dagegen Origanum dictamnus bei den Alten. – Im Mittelalter trat unser Dictamnus alba an die Stelle des Origanum dictamnus. Die ersten sicheren Nachrichten über seine medizinische Verwendung stammen aus dem 12. Jahrhundert von der hl. Hildegard und Albertus Magnus. Konrad v. Megenberg (14. Jahrhundert) schreibt in seinem Buch der Natur: “Diptamnus heißt Pfefferkraut und ist eine sehr gemeine Pflanze. Ihr Kraut wirkt gegen den Schlangenbiß, den Biß giftiger Tiere und gegen innere durch irgendein Getränk hervorgerufene Vergiftung. Es wird entweder zerquetscht auf die Wundstellen gelegt oder sein Saft, mit Wein und hinlänglich Minzensaft versetzt, getrunken. Das Kraut treibt die tote Frucht ab, und man erzählt außerdem von ihm, daß die Hirsche zuerst seine Kräfte haben bekannt werden lassen, weil sie ihre Wunden an dem Kraute reiben und es auch gleichzeitig fressen, wodurch die Pfeile wieder herausgezogen werden. Man könnte danach die Pflanze auch Hirschwurz nennen.” Nach J. Camerarius (16. Jahrhundert) wurde der Samen gegen Epilepsie gebraucht. Das destillierte Wasser wurde gegen die Pest und als Kosmetikum empfohlen, das aus den Blumen bereitete Öl gegen Gliederschmerzen gerühmt. Das Geheimmittel gegen Epilepsie von Sloet von Old-Oldbructenborg soll aus Cortex radicis Dictamni albi mit etwas Zedoaria bestanden haben.