Ger­hard Mad­aus: Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heil­mit­tel. Ver­lag Georg Thie­me, Leip­zig, 1938
(Ori­gi­nal, voll­stän­dig erhal­ten) – bei eBay zu ver­kau­fenRezen­si­on 1938, Archiv der Pharmazie

Dictamnus albus – Seite 2 von 4 – Monographie Madaus

Lehr­buch der bio­lo­gi­schen Heilmittel
Mono­gra­phie Dic­tam­nus albus (Sei­te 2 von 4)
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Botanisches:

Die 1,20 m hohe zitro­nen- oder zimt­ar­tig duf­ten­de, aus­dau­ern­de, Wär­me und Kalk­bo­den lie­ben­de eura­si­sche Pflan­ze besitzt im unte­ren Tei­le ein­fa­che, oben aber unpaa­rig gefie­der­te, durch kuge­li­ge Sekre­träu­me durch­schei­nend punk­tier­te Blät­ter und rot‑, sel­te­ner weiß­blü­hen­de, protrand­ri­sche Blü­ten. Ihre Frucht­stän­de sind so ölhal­tig, daß der die Pflan­ze umge­ben­de Dunst sich an schwü­len und stil­len Tagen leicht zur Ent­zün­dung brin­gen läßt. Er ver­brennt an dunk­len Aben­den mit leuch­ten­der Flam­me. Die Pflan­ze selbst soll dar­un­ter nicht lei­den. Dip­tam tritt in Mas­sen auf Kahl­schlä­gen nach Eichen auf, wie bei Baus­lam beob­ach­tet wur­de. Die Samen gehen nur nach Lage­rung bis zu zwei Mona­ten auf. Älte­re Samen sol­len nicht mehr kei­men. Blü­te­zeit: Mai bis Juni. Eine Dic­tam­nus­art ist wohl auch der “feu­ri­ge Busch” der Bibel.
Dic­tam­nus alba steht in Deutsch­land voll­kom­men (ober- und unter­ir­di­sche Tei­le) unter Naturschutz.

Das aus den Früch­ten des Dip­tam verdunstende
äthe­ri­sche Öl läßt sich leicht entflammen.

Geschichtliches und Allgemeines:

In den Schrif­ten der alten Grie­chen und Römer läßt sich der Wei­ße Dip­tam nir­gends mit Sicher­heit nach­wei­sen, obgleich er in Ita­li­en wild wächst. Eine bekann­te, wegen der ihr zuge­schrie­be­nen wun­der­ba­ren Heil­kräf­te viel­ge­rühm­te Pflan­ze ist dage­gen Ori­ga­num dic­tam­nus bei den Alten. – Im Mit­tel­al­ter trat unser Dic­tam­nus alba an die Stel­le des Ori­ga­num dic­tam­nus. Die ers­ten siche­ren Nach­rich­ten über sei­ne medi­zi­ni­sche Ver­wen­dung stam­men aus dem 12. Jahr­hun­dert von der hl. Hil­de­gard und Alber­tus Magnus. Kon­rad v. Megen­berg (14. Jahr­hun­dert) schreibt in sei­nem Buch der Natur: “Dipt­am­nus heißt Pfef­fer­kraut und ist eine sehr gemei­ne Pflan­ze. Ihr Kraut wirkt gegen den Schlan­gen­biß, den Biß gif­ti­ger Tie­re und gegen inne­re durch irgend­ein Getränk her­vor­ge­ru­fe­ne Ver­gif­tung. Es wird ent­we­der zer­quetscht auf die Wund­stel­len gelegt oder sein Saft, mit Wein und hin­läng­lich Min­zen­saft ver­setzt, getrun­ken. Das Kraut treibt die tote Frucht ab, und man erzählt außer­dem von ihm, daß die Hir­sche zuerst sei­ne Kräf­te haben bekannt wer­den las­sen, weil sie ihre Wun­den an dem Krau­te rei­ben und es auch gleich­zei­tig fres­sen, wodurch die Pfei­le wie­der her­aus­ge­zo­gen wer­den. Man könn­te danach die Pflan­ze auch Hirsch­wurz nen­nen.” Nach J. Came­ra­ri­us (16. Jahr­hun­dert) wur­de der Samen gegen Epi­lep­sie gebraucht. Das destil­lier­te Was­ser wur­de gegen die Pest und als Kos­me­ti­kum emp­foh­len, das aus den Blu­men berei­te­te Öl gegen Glie­der­schmer­zen gerühmt. Das Geheim­mit­tel gegen Epi­lep­sie von Slo­et von Old-Old­bruc­ten­borg soll aus Cor­tex radi­cis Dic­tam­ni albi mit etwas Zedo­aria bestan­den haben.