Krähenaugenschwindelbaum

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Krä­hen­au­gen­schwin­del­baum, Strycli­nos nux vomi-ca, L. [Zorn, pl. med. Tab. 343.] mit eiför­mi­gen Blät­tern, sta­chel­lo­sem Stam­me und Blüt­he­n­af­ter­schir­men an den Spit­zen, ein auf san­di­gen Plät­zen von Mala­bar und Zey­lon ein­hei­mi­scher, im Heu- und Ern­te­mo­nat blü­hen­der Baum.

Die gold­gel­ben run­den Früch­te ent­hal­ten unter einer zer­brech­li­chen glat­ten Scha­le ein wei­ßes, schwam­mi­ges, schlei­mi­ges Mark, wor­in unge­fähr acht Samen­ker­ne lie­gen, die Krä­hen­au­gen (vomica nux), wel­che rund, platt, weiß­grau, mit glän­zen­den, fei­nen, kreis­för­mig lau­fen­den Haa­ren besetzt, in der Mit­te etwas ver­tieft, von horn­ar­ti­ger Här­te und höchst bit-term Geschma­cke sind.

Die gilb­li­chen und schwers­ten sind die besten.

Am bes­ten wer­den sie vor dem Pül­vern im Mör­sel, geraspelt.

Daß sie einer Men­ge von Thie­ren, vor­züg­lich dem Hunds­ge­schlech­te schon in klei­ner Men­ge Gift sind, ist bekannt. Auch für den Men­schen sind sie als Gift ange­se­hen wor­den, wel­ches alle stark­wir­ken­de Arz­nei­en in gro­ßen Dosen sind; auch die Krä­hen­au­gen hat­te man in ältern Zei­ten zu einem Quent­chen, in den neu­ern aber, zu einem Skru­pel (bei­des gefähr­lich gro­ße Gaben!), ver­sucht und all­zu hef­tig befunden.

Klei­ne­re Gaben zu fünf, acht Gran für Schwäch­li­che, und zehn bis zwölf Gran für Stär­ke­re, haben sich als merk­wür­di­ges Heil­mit­tel erwie­sen, vor­züg­lich bei all­zu gro­ßer Emp­find­lich­keit und Beweg­lich­keit der Faser (zuerst der der natür­li­chen, dann der thie­ri-schen, zuletzt der Lebens­ver­rich­tun­gen) und den daher rüh­ren­den klo­nisch krampf­haf­ten und schmerz­haf­ten Uebeln, beson­ders sol­chen, die einen peri­odi­schen Typus haben, selbst wenn das Gehirn dabei lei­det, wie ich nicht sel­ten beob­ach­tet habe. In all­zu gro­ßer, nicht all­mäh­lig erhö­he­ter Gabe zu sie­ben­zehn und mehr Gran brin­gen sie einen all­ge­mei­nen toni­schen Krampf in allen Fasern zuwe­ge, mit gro­ßer Her­zens­angst, Schwin­del und Unbe­sinn­lich­keit. Viel war­men, star­ken Hol­lun­der­blüt­hen­thee habe ich als Gegen­gift dawi­der hülf­reich gesehn; er beför­dert einen all­ge­mei­nen, hef­ti­gen Schweiß, und die Span­nung, Angst und Besin­nungs­lo­sig­keit las­sen bald nach. Auch Kaf­fee scheint Gegen­gift zu seyn.

Die­se Samen töd­ten auch Ein­ge­wei­de­wür­mer, selbst den Band­wurm. Erbre­chen erre­gen sie nicht (wie die Alten wähn­ten), eben so wenig Stuhl­gang; viel­mehr das Gegen­t­heil in hohem Grade.

Die Krä­hen­au­gen müs­sen wegen des Mis­brauchs zur Töd­tung nütz­li­cher Haust­hie­re, mit der Zurück­hal­tung, wie Gif­te (w.s.), auf­be­wahrt und dis­pen­sirt werden.