Galläpfel

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Gall­äp­fel sind rund­li­che durch ein Insekt (auf die Art wie unter Cynips quer­cus foliigezeigt wor­den) an den Aest­chen und Blät­tern eini­ger Eichen­ar­ten erzeug­te Auswüchse.

Die an unsern Eichen (Lohei­che) befind­li­chen sind völ­lig rund und sehr leicht; man schatzt sie wenig.

Die bes­ten Sor­ten sind die in hei­ßen Gegen­den in der Levan­te (Gal­lae tur­ci­cae), vor­züg­lich um Mozul, 60 Mei­len von Alep­po (Gal­lae de Alep­po) gesam­mel­ten, wel­che grau­schwärz­lich (die blau­en) oder gelb­grün­lich, schwer, mit stach­lich­ten War­zen besetzt und inwen­dig braun sind. Man erhält sie in lan­gen schma­len Päktchen.

Die zwei­te weiß­gelb­li­che Sor­te kömmt von Tri­po­li und Smir­na in kur­zen, dicken mit strei­fi­gem Tuche über­zo­gnen Ballen.

Sie schei­nen vor­züg­lich gesam­melt zu wer­den von Quer­cus Cer­ris, L. [Du RoiHarbk. Baumz. 2. Tab. 5. Fig. 1.] mit läng­lich­ten, lei­er­för­mi­gen, in spit­zi­ge Quer stü­cke zert­heil­ten, auf der untern Sei­te etwas wol­li­gen Blät­tern, einem nied­ri­gen, oft nur manns­ho­hen Bau­me, wel­cher in der Bar­ba­rei, in Alt­kas­ti­li­en, in Bur­gund und in Oes­ter­reich auf ber­gich­ten Gegen­den zu Hau­se ist; wie­wohl man sie auch von Quer­cus Aegi­lops, L. [Mill. ic. Tab. 215.] herleitet.

Man bedient sich zwar der Gall­äp­fel heut­zu­ta­ge wenig in der Arz­nei­kunst, aber mit Unrecht.

Sie besit­zen den adstrin­gi­ren­den Gewächs­stoff in der reins­ten und kon­zen­trier­tes­ten Gestalt unter allen bekann­ten Vege­ta­bi­li­en, und haben sich hie und da bei ältern und neu­ern Aerz­ten als ein unge­mei­nes Stär­kungs­mit­tel der ers­ten Wege (daher ihre gerühm­te Wech­sel­fie­ber ver­trei­ben­de Kraft) bei habi­tu­el­len Blä­hungs­ko­li­ken u.s.w., und als kon­zen­trirter Auf­guß ein­ge­spritzt in den Gold­ader­kno­ten sehr heil­sam erwie­sen. Dem kal­ten Bran­de wider­steht kein Mit­tel (nach mei­nen Erfah­run­gen) kräf­ti­ger als ein kon­zen­trirter Absud der Gall­äp­fel. Zu stär­ken­den Umschlä­gen für erschlaff­te Thei­le die­nen sie wirk­sam, z.B. in den Vor­fäl­len des Afters und der Mut­ter­schei­de. Was sie als Stär­kungs­mit­tel der Harn­we­ge (wie die Alten rühm­ten) leis­ten, muß die Erfah­rung noch bestä­ti­gen. Bei sehr geschwäch­ten Per­so­nen ist Behut­sam­keit bei ihrem Gebrau­che nöthig.