Extrakte, garayische

Hahnemanns Apothekerlexikon
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Extrak­te, garay­ische, (Extra­c­ta fri­gi­da gara­ya­na, fälsch­lich falia essen­ti­al.) Der Graf de la Garaye lehr­te im Jahr 1745 eine Art Extrak­te berei­ten, wel­che in Anse­hung des aus den Gewäch­sen dazu vor­zu­rich­ten­den Aus­zugs ver­schied­nen Unvoll­kom­men­hei­ten und Beschwer­den, in Absicht der Abdamp­fung aber unge­mei­ne Vor­zü­ge vor den damals gewöhn­li­chen Extrakt­be­rei­tun­gen hat­te, und eine glück­li­che Revo­lu­ti­on dar­in bewirkte.

Er ließ die gepül­ver­ten Gewächs­sub­stan­zen in Töp­fen, wel­che mit etwa sechs­zehn­mal soviel kal­tem Was­ser halb­voll gefüllt waren, mit­telst eines Quir­les, der am Ende vier Flü­gel hat­te, und eines müh­len­ähn­li­chen Maschi­nen­werks sechs zwölf und meh­re­re Stun­den in Bewe­gung set­zen, den ent­stand­nen wäs­se­ri­gen Aus­zug durch Lein­wand sei­hen und auf por­zel­lai­ne-nen Tel­lern über einem Dampf­ba­de bis dahin ein­trock­nen, daß das ent­stan­de­ne Extrakt auf den noch war­men Tel­lern sich abblät­tert, und in ver­schlos­se­nen Glä­sern auf­be­wahrt wer­den kann.

Hier läßt sich offen­bar statt des kost­ba­ren und künst­li­chen Quir­lens ein öfte­res zwei Tage fort­ge­setz­tes Schüt­teln set­zen. Ueber­dem ist es gewiß, daß kal­tes Was­ser aus den trock­nen Gewäch­sen viel weni­ger har­zi­ge Bestandt­hei­le aus­zieht (wor­in doch eigent­lich ihre Kräf­te größ­tent­heils lie­gen) als war­mes oder lau­es Was­ser. In der That kann man ohne Beden­ken, und ohne der äußers­ten Behut­sam­keit und Gewis­sen­haf­tig­keit zu nahe zu tre­ten, soviel Wär­me bei Ver­fer­ti­gung des Auf­gus­ses anwen­den, als man bei Ein­di­ckung die­ses Auf­gus­ses anwen­den darf.

Die garay­ischen Extrak­te wer­den daher des­to kräf­ti­ger, wenn man die gepül­ver­te Gewächs­sub­stanz mit war­men (100° Fahr.) Was­ser zwei Tage flei­ßig schüt­telt, den Aus­zug durch ein Tuch sei­het und dann auf ganz fla­chen stein­zeug­nen, glä­ser­nen (oder por­zel­lai-nenen) Scha­len bei glei­cher Wär­me (100° Fahr.) bis zur Abblät­te­rung des Extrak­tes ein­trock­net, die Blätt­chen etwas zer­kleint und in wohl erwärm­ten glä­ser­nen Fla­schen mit ein­ge­rie­be­nen Stöp­seln sorg­fäl­tig aufbewahrt.

Man kann einen sol­chen Extrak­te sei­ne gro­ßen Arz­nei­kräf­te nicht abspre­chen, wie­wohl and­re Extrak­te, wel­che sowohl bei Berei­tung des Auf­gus­ses als bei der Ein­di­ckung in einer Wär­me bear­bei­tet wor­den, die das Was­ser­bad lie­fert (210°-208° Fahr.), gewiß wenigs­tens nicht unkräf­ti­ger, und leich­ter zu ver­fer­ti­gen sind. Es müß­ten denn Extrak­te von blos gewürz­haf­ten Sub­stan­zen seyn. Man bekömmt nach der buch­stäb­lich befolg­ten garay­ischen Metho­de nur sehr wenig an Extrak­te, und es ist daher (z.B. das soge­nann­te Chi­na­salz) in sehr hohem Preise.