Ganzheitliche Zahnmedizin

Kin­der­lä­cheln

Alles ist mit­ein­an­der ver­bun­den – an jedem Zahn hängt ein gan­zer Mensch. So könn­te der Ansatz der ganz­heit­li­chen Zahn­me­di­zin sehr ver­ein­facht dar­ge­stellt wer­den. Zäh­ne sind nicht nur Kau­werk­zeu­ge, son­dern Teil des Kör­pers mit dem sie in viel­fäl­ti­ger Wei­se mit Ner­ven, Kno­chen, Schleim­häu­ten bei­spiels­wei­se ein­an­der ver­bun­den sind. Zahn­schmerz-Geplag­te wis­sen, wel­che Wir­kung Zahn­schmer­zen haben: Nicht nur Kör­per, son­dern See­le und Geist sind betroffen.

Des­halb wer­den ganz­heit­lich arbei­ten­de Zahn­ärz­te, bevor sie mit der Behand­lung begin­nen, eine umfas­sen­de Ana­mne­se durch­füh­ren, um den Gesamt-Sta­tus zu ermit­teln: “Mei­ne Ana­mne­se beginnt bei der Begrü­ßung der Pati­en­ten, bei der ich mir einen ers­ten Ein­druck ver­schaf­fe” sagt Dr. Kers­tin Schnei­der, Ganz­heit­li­che Zahn­me­di­zi­ne­rin, König-Wus­ter­hau­sen bei Ber­lin. Sie ach­tet bei­spiels­wei­se dar­auf, ob die Schul­tern gera­de sind, die Mund­hal­tung offen oder geschlos­sen ist. Wel­chen ener­ge­ti­schen Ein­druck erweckt der Pati­ent? Ange­spannt, erschöpft oder über­wie­gend posi­tiv gestimmt? Spä­ter auf dem Behand­lungs­stuhl wird die Zahn­ärz­tin danach schau­en, ob die Bein­län­gen der Pati­en­ten iden­tisch sind (sie­he Kas­ten CMD), bevor sie sich sei­nem Mund zuwen­det. “Je genau­er und detail­lier­ter die Ana­mne­se ist, des­to bes­ser”, betont sie. Die Zahn­ärz­tin fragt eben­so nach aktu­el­len Befind­lich­keits­stö­run­gen, bekann­ten Erkran­kun­gen, mög­li­chen All­er­gien (z.B. auch auf Kos­me­ti­ka, Duft­stof­fen), Ver­dau­ungs­stö­run­gen, Schlaf- oder psy­chi­sche Pro­ble­me wie Unver­träg­lich­kei­ten auf Mate­ria­li­en oder Medi­ka­men­te. “Sind Pati­en­ten in homöo­pa­thi­scher Behand­lung oder gehen sie zum Heil­prak­ti­ker? – Hin­wei­se, die bedeut­sam für mich sind”, so Schneider.

Zahngesundheit wirkt sich auf den ganzen Körper aus

Im wei­te­ren Unter­su­chungs­ver­lauf wird sie genau­so wie ihre schul­me­di­zi­ni­schen Kol­le­gen den Zustand des Gebis­ses doku­men­tie­ren. Außer­dem ach­tet Schnei­der auf even­tu­el­le Fehl­stel­lun­gen des Kie­fer- und Kau­ap­pa­ra­tes oder wird den Zustand der Kau­mus­ku­la­tur durch Betas­ten unter­su­chen. Denn eine star­ke, gut aus­ge­bil­de­te Mus­ku­la­tur ist für die rei­bungs­lo­se Funk­ti­on der Kie­fer­kno­chen und der Zäh­ne von gro­ßer Bedeu­tung. Feh­len­de Zäh­ne, Zahn­fehl­stel­lun­gen, Ent­zün­dun­gen des Zahn­fleisches oder im Mund­raum beein­flus­sen nicht nur das Wohl­be­fin­den, son­dern kön­nen Krank­hei­ten aus­lö­sen. “Umge­kehrt ist die Behe­bung von Krank­hei­ten durch eine gründ­li­che Zahn­sa­nie­rung und die Gesun­dung des Mund­rau­mes mög­lich”, so Schneider.

Kraftvoll zubeißen

Mit kraft­vol­lem Kau­en und pass­ge­nau­em Auf­ein­an­der­lie­gen des Ober- und Unter­kie­fers (Okklu­si­on) wird die Sta­bi­li­tät und Funk­ti­on des gesam­ten Gebis­ses erhal­ten. Jeder Mensch schluckt täg­lich etwa 1.500 Mal und bringt dabei die Zäh­ne in Ruhe­po­si­ti­on auf­ein­an­der. Es ist ein Kon­troll­me­cha­nis­mus des Gebis­ses, wel­cher evo­lu­tio­när von Bedeu­tung ist. Denn das Zubei­ßen zu jedem Zeit­punkt war und ist bis heu­te über­le­bens­wich­tig. Alte Tie­re in frei­er Wild­bahn wie Löwen ster­ben, wenn ihre Zäh­ne schad­haft gewor­den oder aus­ge­fal­len sind: Sie kön­nen ihre Beu­te nicht mehr töten oder zer­klei­nern. Die­ser ent­wick­lungs­spe­zi­fi­sche Kon­text ist auf Men­schen über­trag­bar: Durch die Okklu­si­on wird das Zupa­cken als Über­le­bens­me­cha­nis­mus kon­trol­liert. Alte Men­schen kön­nen auf­grund feh­len­der Zäh­ne, nicht funk­tio­nie­ren­dem Gebiss nicht nur eine Man­gel­er­näh­rung erlei­den, son­dern letzt­lich dar­an sterben.

Gesun­des Gebiss

Kariesvorsorge: Gründliche Reinigung Zahn um Zahn

Sind bei der Unter­su­chung Zäh­ne, Zahn­fleisch und Mund­höh­le gesund, wird die Zahn­ärz­tin die Pati­en­ten zur pro­fes­sio­nel­len Pro­phy­la­xe schi­cken, die Mit­ar­bei­te­rin­nen vor­neh­men. “Grund­la­ge für die Zahn­ge­sund­heit, ist täg­li­ches und auf­merk­sa­mes Zäh­ne put­zen”, erklärt die Zahn­ärz­tin. Eine gründ­li­che Rei­ni­gung Zahn um Zahn ist das Ziel. Denn wer­den Spei­se­res­te nicht rück­stands­los ent­fernt, kön­nen sich bak­te­ri­el­le Besied­lun­gen ent­wi­ckeln, die lang­fris­tig für Kari­es, Ent­zün­dun­gen des Zahn­fleisches wie den Rück­gang des­sel­ben sor­gen. “Am Bes­ten ist es, wenn Pati­en­ten mit ihren Zahn­putz-Gerä­ten und Zahn­sei­de zu uns kom­men. Dann wird in der Pro­phy­la­xe die Anwen­dung kon­trol­liert und, wenn nötig, ver­bes­sert”, sagt Schnei­der. Eltern von Kin­dern und Jugend­li­chen soll­ten min­des­tens ein­mal im Jahr einen Ter­min bei der Zahn­pro­phy­la­xe ver­ein­ba­ren. Je älter die Men­schen, des­to häu­fi­ger emp­fiehlt die Zahn­ärz­tin Pro­phy­la­xen: Ab 50 Jah­ren bis zu vier Ter­mi­nen pro Jahr. Schließ­lich las­sen die manu­el­len Fähig­kei­ten im Alter nach. Außer­dem ver­än­dert sich das Gebiss: Bei­spiels­wei­se zie­hen sich natür­li­cher­wei­se Zahn­fleisch und der ‑Kno­chen zurück, oder die Far­be der Zäh­ne wird dunk­ler. Das Älter wer­den wird zudem häu­fi­ger von ver­schie­de­nen Erkran­kun­gen beglei­tet, was eben­falls Ein­fluss auf die Zäh­ne haben kann. Für chro­nisch Kran­ke sind mehr­ma­li­ge pro­phy­lak­ti­sche Kon­trol­len essen­ti­ell, weil die zahl­reich ein­zu­neh­men­den Medi­ka­men­te die Zahn- und Mund­ge­sund­heit nega­tiv beein­flus­sen können.

Zweimal täglich Zähne putzen

Zäh­ne putzen

Das ein- oder zwei­ma­li­ges (auf jeden Fall vor dem Schla­fen gehen!), gründ­li­che Zäh­ne­put­zen reicht: “Wir put­zen uns die Zäh­ne defekt”, betont Schnei­der über­ra­schen­der­wei­se. Auch soll­ten die Zäh­ne nicht sofort nach dem Essen geputzt, son­dern damit min­des­tens eine hal­be Stun­de gewar­tet wer­den. In die­sem Zeit­raum wird der natür­li­che Säu­re­schutz­man­tel im Mund­raum wie­der auf­ge­baut. Wird vor­her geputzt, viel­leicht unter zusätz­li­chem Ein­satz blei­chen­der oder schlei­fen­der Zahn­cremes, kann der Zahn­schmelz nach­hal­tig geschä­digt wer­den. Er ist zwar die här­tes­te Sub­stanz des mensch­li­chen Kör­pers, ist jedoch nicht rege­ne­rier­bar. “Die Wahl der Zahn­putz­mit­tel über­las­se ich den Pati­en­ten”, so Schnei­der. Schließ­lich hat jeder Mensch bestimm­te Vor­lie­ben und Gewohn­hei­ten. Bei blei­chen­den oder schmir­geln­den Zahn­putz­mit­teln gilt Para­cel­sus’ Weis­heit: ‚Die Dosis macht das Gift’: Gele­gent­li­cher Ein­satz die­ser Mit­tel scha­det dem Zahn­schmelz nicht – eine gesun­de Mund- und Zahn­ge­sund­heit vor­aus­ge­setzt. Ein dau­er­haf­ter Ein­satz schon.

Zahnbürsten, die Qual der Wahl

Ähn­lich wie mit den Putz­mit­teln gestal­tet sich die Wahl der Zahn­bürs­te. Wei­che, har­te, unter­schied­li­che Bürs­ten­for­men, dahin­ter ste­hen Kon­zep­te, mit denen sich jeder Mensch aus­ein­an­der set­zen kann oder aus­pro­biert. Solo-Zahn­­bürs­­te: Zahn­bürs­te mit klei­nem Kopf, um damit jeden ein­zel­nen Zahn gut bürs­ten zu kön­nen. Elek­tri­sche Zahn­bürs­ten: Mit Rota­ti­ons­zahn­bürs­ten, Bürs­ten mit run­den Köp­fen, die sich elek­trisch hin und her bewe­gen, wird wie sonst geputzt. Nur dass die Rotation/​​Bewegung elek­trisch über­nom­men wird. Schall­zahn­bürs­ten: Erzeu­gung hoher Fre­quen­zen auf Bürs­ten über­tra­gen, die dann über die Zäh­ne “vibrie­ren”. Die Vibra­ti­on rei­nigt und akti­viert die Spei­chel­bil­dung. Die sonst übli­che Rota­ti­on oder Putz­be­we­gung muss nicht mehr aus­ge­führt wer­den. Ultra­­schall-Zahn­­bürs­­te: Schwin­gun­gen ab 16 kHz, also Ultra­­schall-Bereich wird erzeugt. Es wer­den kei­ne Zahn­pas­ten benö­tigt. Der Ultra­schall sorgt für die Besei­ti­gung der Spei­se­res­te, die durch eine ver­mehr­te eichel­bil­dung natür­lich “weg­ge­spült” wer­den. Auch Belä­ge las­sen sich damit lang­fris­tig ent­fer­nen. Ultra­­schall-Zahn­­bürs­­ten sind für Men­schen mit emp­find­li­chen Zäh­nen wie Zahn­fleisch geeig­net oder jenen, die schon schwe­re Zahn­­putz-Schä­­den (Abra­sio­nen) haben. Je nach Preis­klas­se sind bei Ultra­­schall-Zahn­­bürs­­ten zusätz­li­che Pfle­­ge-Pro­­gram­­me (Zahn­fleisch­be­hand­lung, Zäh­ne wei­ßen etc) eingebaut.

Vorbeugendes Röntgen

Befremd­lich mag man­chen Men­schen erschei­nen, dass die ganz­heit­lich arbei­ten­de Zahn­ärz­tin das Rönt­gen befür­wor­tet: “Eine Pan­ora­ma-Auf­nah­me hat die Strah­len­last eines ein­stün­di­gen Flu­ges”, erklärt Schnei­der. Den Ein­satz die­ser Maß­nah­me beur­teilt sie durch­aus in vor­beu­gen­der Hin­sicht: Damit besteht die Mög­lich­keit einer ein­deu­ti­gen Abklä­rung des für sie unsicht­ba­ren Berei­ches: Kie­fer, Ver­an­ke­rung der Zäh­ne mit ihren Wur­zeln, mög­li­che Ent­zün­dun­gen, die noch kei­ne Schmer­zen berei­ten, kön­nen auf­ge­deckt und vor­zei­tig behan­delt werden.

Diabetes geht mit Parodontitis einher

Sport trei­ben

60 Pro­zent ihrer Pati­en­ten erfreu­en sich weit­ge­hend gesun­der Zäh­ne. Inter­es­san­ter­wei­se bil­det sich der all­ge­mei­ne Gesund­heits­zu­stand der deut­schen Bevöl­ke­rung in der Pra­xis ab: Die Volks­krank­heit Dia­be­tes (6 Mil­lio­nen Diabetiker/​ Typ 2 in Deutsch­land) bei­spiels­wei­se: “Dia­be­tes und Par­odon­ti­tis gehö­ren zusam­men”, erklärt Schnei­der. Bei Dia­be­ti­kern bemüht sich die Zahn­ärz­tin, um Zusam­men­ar­beit mit dem betreu­en­den Haus­arzt oder Inter­nis­ten. “Wenn mög­lich las­se ich mir die Blut­wer­te geben”, sagt sie. Denn schlecht ein­ge­stell­te Dia­be­ti­ker lei­den an ent­zün­de­tem Zahn­fleisch, wel­ches unbe­han­delt zu einer schwe­ren Par­odon­ti­tis füh­ren kann. In Koope­ra­ti­on mit den betreu­en­den Ärz­ten gelingt es bes­ser, die Erkran­kung in den Griff zu bekom­men. Schnei­der bemüht sich um eine Hei­lung, denn “Dia­be­tes ist bis zu 95 Pro­zent heil­bar”, betont sie, und dass allein durch eine gründ­li­che Lebens­um­stel­lung: Eine ver­nünf­ti­ge Ernäh­rung und regel­mä­ßi­ger Sport sind eine Alter­na­ti­ve zu regel­mä­ßi­ger Medi­ka­men­ten-Ein­nah­me, so die Zahn­ärz­tin. Anschlie­ßend haben die Pati­en­ten kei­ne Par­odon­to­se mehr. Ist die Erkran­kung jedoch schon in einem fort­ge­schrit­te­nen Sta­di­um, muss die Zahn­ärz­tin den Pati­en­ten The­ra­pien vor­schla­gen, die auf­wän­dig sein kön­nen: Tote Zäh­ne müs­sen ent­fernt und ersetzt, kran­ke saniert wer­den. Aber auch über die­sen zuge­ge­be­ner­ma­ßen lan­gen Weg kann – die Zusam­men­ar­beit und Mit­hil­fe der Dia­be­ti­ker vor­aus­ge­setzt – eine Hei­lung erfol­gen (das­sel­be Behand­lungs­sche­ma gilt übri­gens für rheu­ma­ti­sche Erkrankungen).

Zahnfleischblutung: Den Mund baden

Ein wei­te­re Risi­ko­grup­pe in der Pra­xis sind Pati­en­ten mit Zahn­fleisch-Blu­tun­gen, wel­che als Neben­wir­kung bestimm­ter Medi­ka­men­te auf­tre­ten kön­nen: Zum Bei­spiel bei Men­schen, die auf Blut­ver­dün­ner ange­wie­sen sind. Die­se Pati­en­ten sind Trä­ger einer mecha­ni­schen Herz­klap­pe oder kön­nen von Vor­hoff-Flim­mern wie Throm­bo­sen betrof­fen sein. Schnei­der bit­tet die­se Pati­en­ten-Grup­pe, einen vor­sorg­li­chen Herz- wie Mund­schutz vor dem Pra­xis-Besuch vor­zu­neh­men: Dazu emp­fiehlt sie Mund­spü­lun­gen mit Rat­an­hia (Kra­me­ria lapp­acea). Die Wirk­stof­fe der Heil­pflan­ze ver­en­gen die Gefä­ße im Mund vor­beu­gend oder stop­pen Blu­tun­gen. Eben­so kön­nen klei­ne Wun­den des­in­fi­ziert wer­den. Für Betrof­fe­ne ist eben­falls eine all­abend­li­che Mund­spü­lung vor dem Schla­fen gehen sinn­voll: “Bit­te den Mund baden! Das heißt, die Mund­spü­lung soll­te vor dem Aus­spu­cken mehr­mals min­des­tens eine Minu­te lang im Mund behal­ten wer­den”, so Schneider.

Kooperationen mit anderen Ärzten

Die Zahn­ärz­tin koope­riert ger­ne mit ande­ren Fach­ärz­ten: Die Augen­ärz­te ihrer Pati­en­ten kon­tak­tiert sie bei­spiels­wei­se, wenn der Tri­ge­mi­us Nerv betrof­fen ist. Der fünf­te Hirn­nerv ver­läuft über den Augen‑, Ober­kie­fer- und Unter­kie­fer­ast und steu­ert moto­ri­sche Funk­tio­nen der Gesichts‑, Zun­gen, Mund- oder Kie­fer­mus­ku­la­tur. Kin­der­ärz­te kon­tak­tiert Schnei­der auch bei Man­del­ent­zün­dun­gen. “Die­se berei­ten Kin­dern sehr häu­fig Pro­ble­me, weil das Belüf­tungs­sys­tem von Nase- und Mund­raum gestört sind”, erklärt Schnei­der. Eine Sta­bi­li­sie­rung des kind­li­chen Immun­sys­tems kann lang­fris­tig ange­legt nach­hal­ti­ge Abhil­fe schaf­fen. Manch­mal leis­ten die Ärz­te gemein­sam detek­ti­vi­sche Arbeit, um die Ursa­chen der Beschwer­den der Kin­der auf­zu­de­cken. Die­se Koope­ra­tio­nen bedeu­ten der Zahn­ärz­tin viel. Sie kom­men aller­dings in ihrem Arbeits­all­tag sel­ten vor, gibt Schnei­der bedau­ernd zu.

Was sind ganzheitliche zahnmedizinische Therapien?

“Die­se Fra­ge ist nicht seri­ös zu beant­wor­ten”, so Schnei­der. Dazu ist die Viel­falt der ein­zu­set­zen­den Mate­ria­li­en zu groß. “Allein die Kunst­stof­fe sind ein heik­les The­ma in der Zahn­me­di­zin”, bekennt sie schlicht. Auf jedes Mate­ri­al kön­nen Pati­en­ten all­er­gisch reagie­ren. Die Kunst­stoff­pro­ble­ma­tik erfährt zudem eine Poten­tie­rung durch die soge­nann­ten Bond­er, also Kle­ber mit denen Zahn­ersatz auf den Rest­zäh­nen fixiert wird. “Eine gründ­li­che Ana­mne­se und eine enga­gier­te Mit­ar­beit der Pati­en­ten ist bei All­er­gien, Grund­er­kran­kun­gen oder see­li­schen Stö­run­gen um so wich­ti­ger”, sagt Schnei­der. Amal­gam setzt sie seit Jahr­zehn­ten nicht mehr in ihrer Pra­xis ein. Gegen­wär­tig wird in der Zahn­me­di­zin der schäd­li­che Abrieb auch ande­rer Mate­ria­li­en dis­ku­tiert: Mikro­men­gen sämt­li­cher Legie­run­gen – auch Gold – oder Kunst­stof­fe kön­nen durch Kau­en und Mah­len der Nah­rung in den Kör­per gelan­gen. “Die ein­zu­set­zen­den Mate­ria­li­en müs­sen mit den betreu­en­den Zahn­ärz­ten dis­ku­tiert wer­den, dabei gilt es vie­le Fak­to­ren zu beden­ken”, so Schnei­der. Manch­mal ist auch die Finan­zie­rung ein Pro­blem, denn Kran­ken­kas­sen leis­ten oft­mals nur Zuzah­lun­gen. Des­halb emp­fiehlt die Zahn­ärz­tin an eine Zusatz­ver­si­che­rung zu den­ken. Bei man­chen Indi­ka­tio­nen, wie der Fest­stel­lung einer Queck­sil­ber­all­er­gie z.B., wird der Ein­satz von Kunst­stof­fen von Kran­ken­kas­sen über­nom­men. Erfah­rungs­ge­mäß ent­schei­den sich die meis­ten ganz­heit­lich ori­en­tier­ten Pati­en­ten für Zahn­ersatz aus Kera­mik, der ein­ze­men­tiert wird, so Schneider.

Fluorid-Verwendung

In der zahn­me­di­zi­ni­schen Fach­li­te­ra­tur wird Fluo­rid uni­so­no ange­prie­sen. Die Idee ist, einen Zahn­­schmelz-Här­­ter ein­zu­set­zen, der vor­beu­gend vor Kari­es schützt. Das Fluo­rid mine­ra­li­siert bzw. här­tet den Zahn­schmelz. Natur­heil­kund­lich ori­en­tier­te Ärz­te, Heil­prak­ti­ker oder Zahn­ärz­te wider­spre­chen dem Ein­satz von Fluo­ri­­di­­sie­rungs-Maß­­nah­­men, ob nun im Trink­was­ser oder als Zusatz von Zahn­cremes. Sie gehen davon aus, dass bei Kari­es-Ent­s­te­hung eine Dys­bio­se – also die Lebens­um­ge­bung für Bak­te­ri­en im Mund­raum gestört ist. Meis­tens kann davon aus­ge­gan­gen wer­den, dass nicht nur eine Dys­bio­se der Mund­schleim­häu­te vor­liegt, son­dern z.B. auch die Darm­schleim­häu­te betrof­fen sein kön­nen. Vor allem Kin­der­ärz­te wen­den sich vehe­ment gegen die Anwen­dung von Flu­or, weil sie es für ein zu star­kes, für die Ent­wick­lung des Kin­des schäd­li­ches Ele­ment halten. 

Natur­heil­kund­lich Ori­en­tier­te wer­den Dys­bio­sen mit natur­heil­kund­li­chen Kon­zep­ten ursäch­lich behan­deln. Homöo­pa­thie (Kin­der spre­chen beson­ders dar­auf an), Mikro­bio­lo­gi­sche The­ra­pien, Neu­ral­the­ra­pie, Bio­­­re­­so­nanz-The­ra­pie, Kolon-Hydro­­­the­ra­pie, Elek­tro­aku­punk­tur nach Voll beispielsweise.

Kaugummi, Xylit

Nach dem Essen kön­nen zucker­freie Kau­gum­mis (Reform­haus) hel­fen, ein Gefühl der Fri­sche im Mund zu erzeu­gen. Außer­dem stei­gern sie den Spei­chel­fluss, wel­cher einen selbst rei­ni­gen­den und rege­ne­rie­ren­den Effekt im Mund­raum bil­det. Das Kau­en för­dert zudem eine kräf­ti­ge Kau­mus­ku­la­tur und damit die Sta­bi­li­sie­rung der Kie­fern­kno­chen und der Fes­tig­keit der Zäh­ne. Für jene, die an zu gerin­ger Spei­chel­bil­dung lei­den, ist Kau­gum­mi kau­en eine der wirk­sams­ten, natür­li­chen Gegen­maß­nah­men. Xylit, soge­nann­ter Bir­ken­zu­cker, ent­hält weni­ger Zucker als Haus­halts­zu­cker und wird als Zucker­aus­­tausch-Stoff ver­wen­det. Seit eini­gen Jah­ren wer­den Xylit-hal­­ti­­ge Zahn­cremes, Mund­wäs­ser, Bon­bons und Kau­gum­mis bewor­ben. Xylit regt wie das Kau­en selbst, die Spei­chel­pro­duk­ti­on an. Im Unter­schied zu zucker­frei­en Kau­gum­mis, för­dern Pro­duk­te mit Xylit eine ReMi­ne­ra­li­sie­rung der Zahn­sub­stanz durch Bil­dung von Kal­zi­um und Spei­chel­ei­wei­ßen, was als eine vor­beu­gen­de Maß­nah­me gegen Kari­es bewor­ben wird.

Kraniomandibuläre Dysfunktion”/CMD

Auf der Gren­ze zwi­schen natur­heil­­kun­d­­lich-gan­z­hei­t­­li­cher Zahn­heil­kun­de und Schul-Zahn­­me­­di­­zin befin­det sich das wich­ti­ge Dia­gno­se­ver­fah­ren der “manu­el­len Funk­ti­ons­dia­gnos­tik”. Hier­mit ver­su­chen ent­spre­chend qua­li­fi­zier­te Zahn­ärz­te die Ursa­chen für die vie­len mög­li­chen kör­per­li­chen Fol­­ge-Sym­­p­to­­me und Fern­wir­kun­gen einer gestör­ten Kau­funk­ti­on her­aus­zu­fin­den (“kra­nio­man­di­bu­lä­re Dysfunktion”/CMD, “tem­po­ro­man­di­bu­lä­re Dysfunktion”/TMD). Das kön­nen chro­ni­sche Kopf­schmer­zen, Migrä­ne, Tin­ni­tus, Schwin­del, Herz­rhyth­mus­stö­run­gen, Brust­schmer­zen, Schluck­be­schwer­den, Schlaf­pro­ble­me und ande­res mehr sein. Die ein­fühl­sa­me manu­el­le Unter­su­chung von Kopf und Kau­ap­pa­rat zeigt bei vie­len Pati­en­ten rasch die eigent­li­chen Ursa­chen ihrer chro­ni­schen Beschwer­den im Kau­ap­pa­rat. Manch­mal rei­chen dann ein­fachs­te Kor­rek­tu­ren an den Zäh­nen oder indi­vi­du­el­le Auf­biss­schie­nen aus, um die Beschwer­den bald zu been­den. Aus natur­me­di­zi­ni­scher Sicht beein­dru­ckend ist die Rück­kehr vie­ler sehr mecha­nis­tisch aus­ge­bil­de­ter Zahn­me­di­zi­ner zu der ursprüng­lichs­ten aller ärzt­li­chen Tätig­kei­ten – der Be-Han­d­­lung, also zu dem Ein­satz der eige­nen Sin­ne und Hän­de bei der The­ra­pie ihrer Patienten.

Kreidezähne

Seit­dem die Kari­es bei Kin­dern all­mäh­lich zurück­ge­gan­gen ist, brei­ten­sich fast epi­de­misch die soge­nann­ten “Kreidezähne”(Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, MIH) in Deutsch­land aus. Jedes­zehn­tes Kind ist betrof­fen [1], man­che Fach­ge­sell­schaf­ten spre­chen sogar­von 30 Pro­zent und nen­nen die MIH eine “neue Volks­krank­heit” [2]. Die­be­trof­fe­nen Zäh­ne ver­än­dern ihre Far­be (von klei­nen creme­far­be­nen über­grö­ßer wer­den­de brau­ne und gelb-brau­­ne bis hin zu gro­­ßen­­gel­b­­lich-brau­­nen Area­len im gesam­ten Zahn­be­reich. Zudem ist der Schmelz­die­ser Zäh­ne wei­cher und porö­ser. Das führt häu­fig zum Abplat­zen der­be­trof­fe­nen Area­le schon früh beim Zahn­durch­bruch. MIH-Zäh­­ne sin­doft­mals stark tem­­pe­ra­­tur- und berüh­rungs­emp­find­lich. Dadurch wer­den­all­täg­li­che Akti­vi­tä­ten wie Zäh­ne­put­zen oder Essen und Trin­ken­schmerz­haft. Dies führt auch dazu, dass MIH-Zäh­­ne deut­lich­ka­ri­es­an­fäl­li­ger sind als gesun­de Zäh­ne und meist schon früh­zei­tig­zahn­ärzt­lich behan­delt wer­den müs­sen. Die Ursa­che ist bis heu­te ein­Rät­sel, auch für die meis­ten Natur­me­di­zi­ner. Ange­schul­digt wer­den­all­ge­gen­wär­ti­ge Kunst­­­stoff-Weich­­ma­cher (Bis­phe­no­le), Antibiotika,Erkrankungen oder Vital­stoff­man­gel. Da es kei­ne Vor­beu­gung der Seu­che­gibt, beschränkt sich die Behand­lung der­zeit auf Repa­ra­tur von­Zahn­schä­den oder sogar das Zie­hen von Zäh­nen. Bei Erwach­se­nen hilft auch­die Über­kro­nung betrof­fe­ner Zähne.

Zuckerfreie und gesunde Ernährung

Kari­es ent­steht nach­weis­lich beson­ders gut bei einer Ernäh­rung mit indus­tri­ell her­ge­stell­ten (Fast Food, Süßig­kei­ten) oder vor­ver­ar­bei­te­ten Lebens­mit­teln (Fer­tig­nah­rung). Natur­heil­kund­lich Ori­en­tier­te plä­die­ren des­halb für das Weg­las­sen der­sel­ben. Eine Ernäh­rungs­um­stel­lung auf zucker­freie, natür­li­che und gesun­de Ernäh­rung mit fri­schem Obst, Gemü­se, Voll­korn­ge­trei­de hat Vor­tei­le für die Gesund­heit all­ge­mein. Seit dem ame­ri­ka­ni­schen Human Micro­bio­me Pro­ject wur­de mit der Sequen­zie­rung und Cha­rak­te­ri­sie­rung der Mikro­or­ga­nis­men klar: Der Mensch ist ein Super­or­ga­nis­mus. Er lebt mit tau­sen­den von Bak­te­ri­en­stäm­men – schäd­li­chen, wie gesund­heits­för­dern­den – zusam­men. Eine schäd­lich zusam­men­ge­setz­te oder unter­ernähr­te Darm­flo­ra (Gesamt­heit aller Darm­bak­te­ri­en) kann zu Funk­ti­ons­stö­run­gen (Ver­stop­fung), Krank­hei­ten (Dia­be­tes mel­li­tus, Reiz­darm, Fett­stoff­wech­sel-Stö­run­gen), Fett­sucht (Adi­po­si­tas) neu­ro­lo­gi­sche wie psych­ia­tri­sche Erkran­kun­gen füh­ren. Im Umkehr­schluss ist über eine gesun­de Ernäh­rung eine posi­ti­ve Beein­flus­sung gesund­heits­för­der­li­cher Darm­bak­te­ri­en sinn­voll. Die Mikro­öko­lo­gie des Dar­mes spielt in der Natur­heil­kun­de seit Lan­gem eine zen­tra­le Rol­le wegen der Stär­kung der kör­per­ei­ge­nen Immun­ab­wehr. Darm­sa­nie­run­gen nach FX Mayr, Grund­re­gu­la­ti­on, Ent­gif­tungs- und Ent­schla­ckungs­kon­zep­te ste­hen des­halb nach wie vor hoch im Kurs.

Sinnvolle Heilpflanzen

Heil­pflan­zen sind heil­sam, wenn sie Arz­n­ei­­mi­t­­tel-Qua­­li­­tät haben. Ent­zün­dun­gen im Mund- und Rachen­be­reich sind mit Kamil­len­blü­ten (Matri­ciae flos), Arni­ka­b­lü­ten (Arni­cae flos) oder Sal­bei­blät­tern (Sal­viae foli­um) behan­del­bar. Sie wir­ken ent­zün­dungs­hem­mend, anti­bak­te­ri­ell, anti­vi­ral. Die Heil­pflan­zen kön­nen als Tee mehr­mals täg­lich neu ange­setzt wer­den (1 Ess­löf­fel auf 150 Mil­li­li­ter Was­ser, auf­brü­hen, 15 Minu­ten abge­deckt zie­hen las­sen, absei­hen), um warm damit zu spü­len oder zu gurgeln. 

Myr­rhe (Myr­rha): Als unver­dünn­te Tink­tur für Pin­se­lun­gen bei Zahn­fleisch­ent­zün­dun­gen, Pro­the­sen­druck­stel­len oder Zahnextraktionswunden.

Gewürz­nel­ken (Caryo­phyl­li flos) kön­nen zur loka­len Schmerz­stil­lung von Zahn­schmer­zen ver­wen­det wer­den. Eine gan­ze Gewürz­nel­ke wird auf den schmer­zen­den Zahn gelegt und gekaut. Ersatz­wei­se kann unver­dünn­tes Gewür­z­­nel­ken-Öl (min. 30%) als Tink­tur auf­ge­tra­gen werden.

Die Wal­nuss der Bach­­blü­­ten-The­ra­pie kann eben­falls bei Zahn­schmer­zen helfen.

Zahn­schmer­zen sind ein Warn­hin­weis. Eine zügi­ge Abklä­rung durch den Zahn­arzt ist sinn­voll – und ver­treibt die Ursa­che des Schmerzes.

Autorin
• Mari­on Kaden, Natur & Hei­len (2019).
Quel­len
[1] Petrou MA, Gira­ki M, Bis­sar AR, Wem­pe C, Schä­fer M, Schiff­ner U, Bei­k­ler T, Schul­te AG, Spli­eth CH: Mola­­ren-Inzi­­si­­ven-Hypo­­­mi­­ne­ra­­li­­sa­­ti­on (MIH): Prä­va­lenz und The­ra­pie­be­darf in Deutsch­land. Dtsch Zahn­ärztl Z. 2014;69:647–50.
[2] Pres­se­kon­fe­renz “Deut­sche Gesell­schaft für Prä­ven­tiv­zahn­me­di­zin” (DGPZM): Neue Volks­krank­heit: MIH hat Kari­es in bestimm­ten Alters­grup­pen schon über­holt. Ber­lin, 24. Mai 2018.
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Gesun­de Zäh­ne ein leben lang

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