Arzneipflanzen-Merkblätter des Kaiserlichen Gesundheitsamts: Nr. 9, Wildes Stiefmütterchen (1917)

Wil­des Stiefmütterchen

Das wil­de Stief­müt­ter­chen oder Frei­sam­kraut, Vio­la tri­co­lor L., treibt eini­ge auf­rech­te oder mehr oder weni­ger nie­der­lie­gen­de Sten­gel. Die Blät­ter sind bis 5 cm lang und 1 cm breit, läng­lich, spitz oder stumpf und nach unten zu in den Blatt­stiel ver­schmä­lert; auf jeder Sei­te des Blatt­stiels steht ein gro­ßes lei­er­för­mi­ges, tief gespal­te­nes Neben­blatt. Die Blü­ten ste­hen in den Ach­seln der Blät­ter; sie sind nickend, mit einem Sporn ver­se­hen und in Grö­ße und Fär­bung sehr wech­selnd; der Blü­ten­stiel ist sehr lang. Bei einer Spiel­art sind die Blu­men­blät­ter län­ger als der Kelch, und zwar sind die bei­den obe­ren Blu­men­blät­ter dun­kel­vio­lett, die bei­den seit­li­chen hell­vio­lett oder gelb­lich und das nach unten gerich­te­te, grö­ße­re, einen Sporn tra­gen­de Blu­men­blatt gelb mit vio­let­ter Zeich­nung; bei der ande­ren Spiel­art sind die Blu­men­blät­ter klei­ner als der Kelch und bis auf das unte­re, das eine dun­kel­gel­be Far­be mit vio­let­ter Zeich­nung besitzt, gelb­lich­weiß bis hell­vio­lett. Gewohn­heits­ge­mäß ver­wer­tet der Dro­gen­han­del nur die ers­te “blaue” Spielart.

Das Stief­müt­ter­chen ist über­all in Deutsch­land häu­fig; es kommt auf Äckern, Brach­land, tro­cke­nen Wie­sen, auf tro­cke­nen Hügeln, auch in lich­ten Wäl­dern vor und tritt stel­len­wei­se, beson­ders auf Brachäckern, in Mas­sen auf. Die Blü­te­zeit dau­ert von Mai bis Oktober.

Vom wil­den Stief­müt­ter­chen wird wäh­rend des gan­zen Som­mers das ober­ir­di­sche Kraut, der Sten­gel mit Blät­tern und Blü­ten, gesam­melt. Der Han­dels­na­me ist Her­ba Vio­lae tri­co­lo­ris.

Beach­tet beim Sam­meln die in einem beson­de­ren Merk­blatt zusam­men­ge­stell­ten all­ge­mei­nen Regeln. Schont beim Sam­meln die Fel­der und Äcker. Geht nicht beim Sam­meln in die Fel­der hin­ein, sam­melt nur, was am Ran­de steht, reißt nicht die gan­zen Pflan­zen aus, wenn ihr nur die Blü­ten oder Blät­ter zu sam­meln braucht. Beschä­digt die Bäu­me nicht und reißt von ihnen kei­ne Äste ab. Sam­melt nur, wo die Pflan­zen zahl­reich vor­kom­men, laßt ver­ein­zel­te ste­hen, rot­tet sie nicht aus.

Quel­len
Arz­n­ei­pflan­­zen-Mer­k­­blä­t­­ter des Kai­ser­li­chen Gesund­heits­amts /​​ Bearb. in Gemein­schaft mit d. Arz­n­ei­pflan­­zen-Aus­­­schuß d. Deut­schen Phar­ma­zeut. Gesell­schaft Ber­­lin-Dah­­lem. Sprin­ger, Ber­lin, 1917.
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