Eine Gegendarstellung von Dr. med. Michael M. Hadulla, Heidelberg; Dr. med. Olaf Richter, Butzbach.
Das renommierte britische Medizin-Fachjournal The Lancet verkündet in der Ausgabe vom 27. August 2005 das “Ende der Homöopathie” [1]. Das im Lancet publizierte Ergebnis fußt auf einer Homöopathie-Studie, die im Rahmen des Programms Evaluation Komplementärmedizin (PEK) unter der Leitung von Prof. Matthias Egger vom Institut für Sozial- und Präventivmedizin (ISPM) der Universität Bern durchgeführt wurde.
Diese Studie – eine Metaanalyse vorangegangener Studien – kommt zum Schluss, die Wirkung von Homöopathie beruhe auf einem Placebo-Effekt. Im Editorial gibt der Lancet den Ratschlag, Ärzte müssten mit den Patienten ab heute über den “Mangel an Wirkung” Klartext sprechen. Und dezidiert fragt der Sozialmediziner M. Egger: “Darf ich als Arzt einem Patienten guten Gewissens zu einer Behandlung raten, von der ich jetzt endgültig weiß, dass sie objektiv keine Wirkung hat?” [2].
Anlass zu der betreffenden Lancet-Publikation dürfte ein vor kurzem bekannt gewordener Entwurf eines WHO-Reports gewesen sein, der der Homöopathie ein zu gutes Zeugnis ausstellt [3].
Erfahrungsbasierte Heilkunde und moderne Metaanalysen
Studien zum “endgültigen Ende der Homöopathie” sind so alt wie die Homöopathie selbst – also über 200 Jahre. Zum Beispiel Constantin Hering (1800–1880), der von dem Chirurgen PD Dr. Jakob Heinrich Robbi beauftragt wurde, eine Abhandlung über den “Irrweg” der Homöopathie zu schreiben. Der Zufall wollte es, dass sich Hering während seiner Materialsammlung zum Angriff auf die Homöopathie eine Sektionsverletzung (Phlegmone mit septischen Fieber) zuzog, die sich hochgradig entzündete. Eine homöopathische Gabe (Arsenicum album C30) bewahrte Hering jedoch vor einer Amputation seines Armes und so wurde er zu einem treuen Vertreter der Homöopathie. Spontanbericht von Hering hierzu: “Ungläubig nahm ich den Tropfen, abends … war davon den anderen Tag viel besser und nach einer Woche hergestellt. Auch frei für immer von Unglauben”. Später wurde er dann der Begründer der Homöopathie in Amerika.
Ein weiteres Beispiel finden wir bei James Compton-Burnett (1840–1901), einem der Altmeister unter den Homöopathen. Er hat in seiner Publikation “50 Gründe ein Homöopath zu werden” im ersten Grund seine eigene Erfahrung dargelegt: Er hatte eine ausgeprägt Pleuritis (=Brustfellentzündung) mit schwersten neuralgischen Schmerzen über Jahre hinweg. Alle Therapieversuche, die ihn durch ganz Europa reisen ließen, und alles Kuren brachten ihm kein Erfolg. Dann fand er zufällig in einem Homöopathiebuch seine Symptome aufgelistet, nämlich unter dem Arzneimittelbild von Bryonia: Eine einzige Gabe von Bryonia hat ihn dann für immer von den jahrelangen Schmerzen befreit.
Auch der berühmte amerikanische Homöopath James Tyler Kent (1849–1916) wurde – zunächst strenger Schulmediziner – durch die schwere Erkrankung seiner ersten Frau “konvertiert”. Von ihm wird folgende Geschichte berichtet: Seine Frau bedrängte ihren Mann unbedingt die Hilfe des bekannten Homöopathen Dr. Richard Phelan aus der unmittelbaren Nachbarschaft anzunehmen. Seine Frau war schwer erkrankt, u. a. litt sie unter einer therapieresistenten Schlaflosigkeit. Um ihren Willen nachzugeben ließ er gegen seine innere Überzeugung diesen Dr. Phelan rufen … er beobachtete ihn mit verächtlicher Belustigung, insbesondere wie dieser homöopathische “Kolleg” den Fall aufnahm und dann noch seiner Frau ein paar Kügelchen verordnete. Kent lachte dabei innerlich, wie er später zugab, aber wie versprochen, gab er seiner Frau die erste Dosis. Die zweite Dosis vergaß er, weil er sich in seine Literatur vertieft hatte. Als er aber zu seiner Frau ging, fand er sie schlafend. Dies war das erste Mal nach Monaten langer, quälender Schlaflosigkeit, dass sie wieder Ruhe fand. “This was enough for Kent to throw himself heart and soul into the study of the homoeopathic science” – so heißt es im Originalbericht.
Nicht nur Hering, Compton-Burnett und Kent, sondern auch viele praktisch arbeitende Ärzte aus unseren Tagen haben im Zusammenhang mit der Homöopathie eine Art Damaskus-Ereignis erlebt, sind also wie der glühende Christenverfolger Saulus zum geläuterten Paulus geworden – wie auch die Verfasser dieser Gegendarstellung selbst -, die es dann gelernt haben, in der Homöopathie ihre wundervollen Möglichkeiten, aber auch ihre Grenzen zu erkennen.
Zahlreiche neuere Studien bis in unsere Tage wie die von Knipschild et al. (1991 [4]), Boissel et al. (1995 [5]) oder Linde et al. (1997 [6]), die im international renommierten British Medical Journal und auch im oben zitierten Lancet erschienen sind, bescheinigen der Homöopathie im Gegensatz zu der o. g. Egger-Studie eine positive Heilwirkung, die über einen Placebo-Effekt hinausreicht.
Unsere Kritik
Erstens
In beiden großen “Probandengruppen” der Berner Studie von jeweils 110 Untersuchungen müsste logischerweise das Datenmaterial vorangegangener Studien wie der von Knipschild, Boissel oder Linde Eingang gefunden haben; also statistisches Material, das eine positive Wirkung der Homöopathie aufgezeigt hat: Warum diese drei vorangegangenen Studien mit positivem Ergebnis durch die Metaanalyse von Egger “entwertet” worden sein sollen – dazu noch in “endgültiger” Form – bleibt im Unklaren.
Weiter fehlen auch detaillierte einzelne Angaben zu den verwendeten Studien, die für die Metaanalyse herangezogen wurden. Diese Undurchsichtigkeit des Forschungsdesigns erlaubt es den Lesern nicht, die positiven und die negativen Ergebnisse der 110 Studien zu überblicken. Diese eher naturwissenschaftlich/statistisch orientierte Kritik wurde schon in übersichtlicher und detaillierter Weise z. B. vom Schweizerischen Verein Homöopathischer Ärztinnen und Ärzte kritisiert [7].
Dass jetzt ausgerechnet die eine “Egger-Studie” – möglichst ein für alle mal – das Ende der Homöopathie ankündigen will, halten wir für ausgesprochen verwegen. Das erinnert uns an die sogenannte Marburger Erklärung (1995), bei der ex cathedra der Homöopathie ein für alle Mal – also endgültig – der Zugang zur Universität untersagt wurde. Der “Eggerstandpunkt” erinnert die Verfasser aber nicht nur an die fatale Marburger Erklärung, sondern auch schmerzlich an ihre eigene Studienzeit vor 30 Jahren, als sie hinter dem Rücken ihrer Klinikchefs die Vorlesungen der psychosomatischen Medizin aufsuchten, weil auch diese Methode damals als hoch unwissenschaftlich galt, da statistisch nicht nachprüfbar.
Zweitens
Dieses gilt ebenso im Falle der Psychotherapie, die sich in ihrer Wirksamkeit und therapeutischen Relevanz ebenfalls nicht eindeutig durch kontrollierte, doppelblinde, randomisierte Studien hat be- oder widerlegen lassen.
Dennoch bezweifelt heute niemand, der mit Patienten ärztlich/therapeutisch arbeitet, ernsthaft Sinn und Nutzen psychotherapeutischer Verfahren in der täglichen Praxis.
Bei der Homöopathie handelt es sich um eine streng am Individuum, am Menschen ausgerichtete, phänomenologisch und umfassend ärztlich orientierte Behandlungsweise.
Anmerkung: Eine verkürzte Darstellung wie an dieser Stelle kann diesem komplexen Sachverhalt nicht völlig gerecht werden, soll aber im Folgenden anhand eines Beispiels einer Otitis media aus der Praxis (=Mittelohrentzündung) kurz nachgezeichnet werden:
Die Paragraphen 7, 18 und 153 aus Hahnemanns Organon sollen das homöopathische Krankheitsverständnis und praktische Vorgehen klarer erscheinen lassen:
Im Paragraphen 7 schreibt Hahnemann: ” … das Einzige, was die Wahl des angemessensten Hilfsmittels bestimmen kann – so muss, mit einem Worte, die Gesamtheit der Symptome für den Heilkünstler das Hauptsächlichste, ja Einzige sein, was er an jedem Krankheitsfalle zu erkennen und durch seine Kunst hinwegzunehmen hat, […].”
Im Paragraphen 18 führt er weiter aus: ” … geht unwidersprechlich hervor, daß der Inbegriff aller, in jedem einzelnen Krankheitsfalle wahrgenommenen Symptome und Umstände die einzige Indication, die einzige Hinweisung auf ein zu wählendes Heilmittel sei.”
Und der wichtige und bezeichnende Paragraph 153: “Bei dieser Aufsuchung eines homöopathisch specifischen Heilmittels […] sind die auffallenden, sonderlichen, ungewöhnlichen und eigenheitlichen (charakteristischen) Zeichen und Symptome des Krankheitsfalles, besonders und fast einzig fest ins Auge zu fassen […].”
Dahinter steht nicht nur eine beliebige Paragraphenvielfalt, sondern – insbesondere bei den chronische Krankheiten – die Frage: Was ist das für ein Mensch und was für ein individuelles Heilmittel braucht dieser Mensch in seiner spezifischen Situation?
Deutlich kann dies am Beispiels der Otitis media (= Mittelohrentzündung) werden. Bei drei Kindern wird die schulmedizinische Diagnose einer Otitis media gestellt. Alle drei Patienten weisen die üblichen Symptome einer Entzündung des Mittelohres auf: Fieber über 39 Grad; plötzlich auftretende Ohrenschmerzen; Unruhe und Weinen und natürlich ein gerötetes Trommelfell.
Jedoch sind nicht diese Symptome für uns Homöopathen die auffallenden, sonderlichen, ungewöhnlichen und eigenheitlichen Zeichen des Krankheitsfalles (§153). Bei genauer homöopathischer Betrachtung und Befragung sehen und erkennen wir:
- Das erste Kind verspürt einen stechenden Schmerz schon bei der geringsten Berührung. Dazu kommt noch eine ausgesprochene Verschlimmerung der Beschwerden durch Wärme und eine ausgeprägte Durstlosigkeit.
- Der zweite kleine Patient ist seit der Erkrankung sehr ärgerlich und widerspenstig. Das rechte Ohr und die rechte Wange sind gerötet, die linke Wange ist hingegen blass.
- Die Otitis media beim dritten Kind stellte sich ein, nachdem es bei kaltem Wind draußen gespielt hatte. Durst auf kaltes Wasser und große Angst und Unruhe begleiten die Beschwerden, die darüber hinaus noch um Mitternacht eingesetzt haben.
Alle drei Kinder haben schulmedizinisch eine Otitis media, jedoch unterscheiden sich die Erkrankungen bei allen drei Patienten durch ihre individuelle Erscheinung. Jedes Kind bekommt folgerichtig ein anderes, speziell auf ihren Fall gerichtetes, individuelles homöopathisches Heilmittel. In diesen Fällen brachten Apis beim ersten Kind (Leitsymptome: stechender Schmerz, Durstlosigkeit, Unruhe), Chamomilla beim zweiten (Leitsymptome: ärgerlich, widerspenstig, eine Gesichtsseite rot, die andere blass) und Aconitum beim dritten Kind (Leitsymptome: Folgen nach kaltem Wind, große Angst und Furcht, Beginn um Mitternacht) eine schnelle Heilung.
Aus den dargestellten Beispielen ist es unmittelbar ersichtlich, dass solch individuelles Vorgehen – ausschließlich am jeweiligen Menschen und seiner Eigenheiten und Besonderheiten orientiert – sich nur schwer dem Diktat der Schulmedizin (Statistik, Randomisierung, Doppelblindstudien, Evidence Based Medicine etc.) verstehen lässt. Oder um es noch deutlicher zusagen: Würde sich die Homöopathie den Forderungen der Schulmedizin unterwerfen, würde sie ihr eigenes Selbstverständnis von Krankheit und Heilung verraten. In diesem Zusammenhang meint der bekannte Psychoanalytiker und Homöopath Edward C. Whitmont (1912–1998): “Vielmehr obliegt es uns, die grundsätzliche Beschränktheit der offiziellen Wissenschaft zu erkennen, beim Namen zu nennen und ihr die Eigenart und Einzigartigkeit unserer Erfahrung gegenüber zu stellen, als Forderung der Erweiterung ihres engen Horizonts. Kooperation ja, aber Einordnung oder gar Unterordnung um der Einheit’ willen, nein. Nur so können wir unseren heute so erforderlichen Beitrag leisten, eine neue Sicht des Menschen zu schaffen, die in ihm mehr sieht als eine brauchbare biologische Maschine. Eine Sicht, in der Biologisches und Geistig-Seelisches als gleichwertige, gegenseitige Spiegelungen in ihren physiologischen, pathologischen und ethischen Manifestationen präzise erfasst und geheilt werden können”.
Drittens
Aus obengenannter Egger-Metaanalyse zu schließen, die Homöopathie sei tot, ist – wie schon gesagt – mit Sicherheit unangebracht. Eher stellen die Ergebnisse eine weitere Aufforderung dar, sich noch profunder praktisch und erkenntnistheoretisch – auch unter Berücksichtig des eben gesagten – mit der Homöopathie zu befassen.
Darüber hinaus hat der, in der Berner Studie so abfällig zitierte Placebo-Effekt nichts mit bloßer Einbildung zu tun, was auch neuere Untersuchungen zu den substantiellen biochemischen Wirklungen von Placebogaben auf das zentrale Nervensystem zeigen. weg: Hierzu sei auch auf einen hervorragenden Radio-Essay von Thomas und Simone Stölzel verwiesen (“Über das Geistige in der Heilkunst”, SWR2; Ende 2005; Sendetermin und Publikationsort werden noch bekanntgeben).
Placebo hat natürlich etwas mit Glauben, Vertrauen und “einer mächtiger Allianz Arzt-Patient” [8] zu tun. Dieser Hinweis auf die mächtige Allianz Arzt-Patient findet sich auch in der Originalarbeit von Egger im Lancet wobei er sehr treffend Kaptchuk et al. [9] zitiert. In der ursprünglichen Quelle im Alten Testament finden wir “Placebo domino in regione vivorum” (Psalm 116, 9. Luther: “Ich werde wandeln vor dem Herrn im Lande der Lebendigen”). Hiermit (Glauben, Vertrauen, Arzt-Patienten-Allianz) sollten wir nicht verächtlich umgehen, insbesondere auch dann nicht, wenn wir die z. T. große therapeutische Malaise (bei wundervollen diagnostischen Möglichkeiten) der heutigen Schulmedizin betrachten. Vergessen wir nicht: Vermeidbare Diagnose- und Behandlungsfehler der modernen Schulmedizin sind mit die häufigsten – vermeidbaren – Todesursachen in der westlichen Welt” [10].
Viertens
In dem Vergleich Homöopathie versus Schulmedizin wird gemeinhin mit zweierlei Maß gemessen: Die homöopathischen Ärzte haben neben der normalen schulmedizinischen Ausbildung (die meisten von ihnen sind auch Fachärzte) Homöopathie als Sonderqualifikation absolviert: Einschließlich zeitaufwändigem Studium der Materia medica (=Arzneimittellehren), Vertiefung in die Repertorien (=systematische Aufzeichnung der homöopathischen Prüfsymptome) sowie langjährige Arbeit in Supervisionsgruppen.
Die Schulmedizin hingegen verfügt nicht über das o. g. Grundlagenwissen der Homöopathie. Trotzdem maßt sie sich an, zu kritisieren, ohne unsere Methoden zu kennen und spricht sogar vom endgültigen (sic!) Ende der Homöopathie. Die Geschichte zeigt uns, dass die Wissenschaft per se Endgültigkeiten behauptet, die zum Teil aber schon nach wenigen Jahren revidiert werden müssen. Ihre sog. vermeintlichen Goldstandards (=auf dem Höhepunkt der wissenschaftlichen Erkenntnis) haben, wie es die Ärzte leidvoll erfahren müssen, eine atemberaubend kurze Halbwertszeit. Hintergrund des mehr oder weniger raschen Ablebens z. B. der “ultimativen” Antiarrhytmika-Behandlung, der hochgelobten Hormon-Ersatztherapie, des “Durchbruchs” der Rheumatherapie – den Coxiben – oder dem bevorstehenden Exitus der Antidepressiva ist regelmäßig nur eines: Ein im Vergleich zur ungenügenden oder sogar fehlenden heilenden Wirkung unvertretbar hoher, überflüssiger, vermeidbarer und schließlich auch der Öffentlichkeit bekannt werdender Todeszoll der jeweils gerade modernen Pharmakotherapie.
Die Erfahrung, wie wenig Endgültigkeit es gibt, machten die Verfasser auch während ihrer Arbeit auf der Intensivstationl. Also – um bildlich zu sprechen – an der vordersten und gefährlichsten “Front” der von den Verfassern der Schweizer Publikation eingeforderten Schulmedizin. Herr Egger kann versichert sein, dass die schulmedizinischen Medikamente, die hier eingesetzt wurden, zum großen Teil – bis zu 90% – nicht in randomisierten, statistisch gut designten Studien erforscht wurden, sondern “wissenschaftlich unbewiesen” oder allenfalls bewiesen durch die Hand der Ärzte (ex manu) und infolge individueller Erfahrung zum Einsatz kamen. Konkret: Ein lange bewährtes Mittel wie Phenobarbital käme heute gar nicht mehr neu auf den Markt. Nicht zuletzt, weil bis heute eine Vielzahl – auch kritischer – Arzneimittelinteraktionen des Barbiturates weitgehend unerforscht sind.
Fünftens
Wo könnte also ein Ausweg liegen?
- In homöopathischen Studien, die streng am einzelnen Patienten orientiert sind. Diese Studien sollten im Sinne des o.g. §7, §118 und §153 streng individuell ausgerichtete und nachvollziehbare Einzelfallkasuistiken sein.
- Diese Kasuistiken müssen sprachlich gut und klar gefasst sein, indem der Patient in seinen eigenen nämlichen Worten zur Sprache kommt (Spontanbericht), sie sollten im Gelenkten Bericht, (bei dem der Arzt vorsichtig nachfragt und ergänzt), gut dokumentiert (Labor, Röntgen, CT-Befunde, Photos bzw. Video-Aufzeichnung etc.) und inhaltlich nachvollziehbar und belegbar (Materia medica und Repertorisation) sein.
- Seit 1832 (sic!) liegen solch sauber dokumentierte, individuelle Einzelfallkasuistiken vor – im deutschen Sprachraum z. B. bei der Allgemeinen Homöopathischen Zeitung (AHZ) und der Zeitschrift für Klassischen Homöopathie (ZKH).
Auch die Verfasser haben in ihren Vorlesungen und Seminaren sowie in Ihrem Band “101 Krankengeschichten aus der Praxis für die Praxis” (Medizinisch-Literarische Verlagsgesellschaft, Uelzen; Neuerscheinung Ende 2005) diese Art von Kasuistiken vorgelegt.
Sechstens
Homöopathie und Schulmedizin sollten sich nicht in Feindschaft gegenüber stehen. Jede dieser Richtungen hat ihre Möglichkeiten und ihre Grenzen. Um es kurz und bündig mit Johann Wolfgang von Goethe zu sagen: “Den Stoff sieht jedermann vor sich, den Gehalt findet nur der, der etwas dazuzutun hat, und die Form ist ein Geheimnis den meisten.” [12].
Anmerkung: Wir sind uns der Problematik der Bezeichnung “Schulmedizin” bewusst; besser wäre eine Bezeichnung wie “naturwissenschaftlich- und oder iatrotechnische Medizin”. Um die Griffigkeit der Formulierung willen haben wir die geläufige Bezeichnung Schulmedizin beibehalten, ohne damit unsere schulmedizinische Basis – und deren wundervolle diagnostische Möglichkeiten – in irgendeiner Form abwerten zu wollen.
Autoren
• Michael M. Hadulla, Heidelberg; Dr. med. Olaf Richter, Butzbach.
Literatur
Shang A, Huwiler-Muntener K, Nartey L, Juni P, Dorig S, Sterne JA, Pewsner D, Egger M: Are the clinical effects of homoeopathy placebo effects? Comparative study of placebo-controlled trials of homoeopathy and allopathy. Lancet. 2005 Aug 27-Sep 2;366(9487):726–32 (Medline).
NN: Ende der Homöopathie. Spiegel 35/2005 vom 29.8.2005.
WHO-Draft: Homeopathy: review and analysis of reports on controlled clinical trials (unveröffentlicht), 2005.
Kleijnen J, Knipschild P, ter Riet G: Trials of homeopathy. BMJ. 1991 Apr 20;302(6782):960 (Medline).
Cornu C, Poitevin B, Lion L, Gillet J, Collet JP, Poncet JE, Chaufferin G, Boissel JP: Essai clinique contrôlé et traitement homéopathique des infections ORL et respiratoires récidivantes de l’enfant: enquête préliminaire auprès de médecins homéopathes. Therapie. 1995 Jan-Feb;50(1):41–5 (Medline).
Linde K, Clausius N, Ramirez G, Melchart D, Eitel F, Hedges LV, Jonas WB: Are the clinical effects of homeopathy placebo effects? A meta-analysis of placebo-controlled trials. Lancet. 1997 Sep 20;350(9081):834–43 (Medline).
Pressemitteilung Schweizerischer Verein Homöopathischer Ärztinnen und Ärzte (SVHA): “Umstrittene Forschungsresultate zur Homöopathie”, 28. August 2005 (Volltext).
NN: Homöopathie – Nur Schein? Frankfurter Allgemeine Zeitung, 31. August 2005.
Kaptchuk TJ, Eisenberg DM: The persuasive appeal of alternative medicine. Ann Intern Med. 1998 Dec 15;129(12):1061–5.
Linda T. Kohn, L.T. et al. (editors). To Err Is Human: Building a Safer Health System. Committee on Quality of Health Care in America, Institute of Medicine. 312 pages, 2000.
Johann Wolfgang von Goethe: Maximen und Reflexionen: Aus “Kunst und Altertum”, 1833 (posthum veröffentlicht).