Schweres, chronisches Asthma – Mit Cineol steroidsparend therapieren

Ent­zün­dung, Hyper­re­ak­ti­vi­tät, All­er­gie sowie kom­ple­xe Inter­ak­tio­nen mit Umwelt­fak­to­ren im Bereich der Atem­we­ge sind die Kom­po­nen­ten der Patho­ge­ne­se von chro­ni­schem Asth­ma bron­chia­le (Prä­va­lenz: 4–5% der Bevöl­ke­rung). Zu den the­ra­peu­ti­schen Optio­nen bei schwe­rem Asth­ma gehört – trotz des Neben­wir­kungs­po­ten­ti­als – die Dau­er­me­di­ka­ti­on mit anti-inflamm­a­to­risch wir­ken­den ora­len Kor­ti­kos­te­ro­iden. Jetzt konn­te erst­mals gezeigt wer­den, dass ein hoch­ge­r­ei­nig­tes äthe­ri­sches Öl – 1,8‑Cineol (Soledum®) – bei die­sen Pro­blem­pa­ti­en­ten hoch signi­fi­kan­te ste­ro­id­s­pa­ren­de Effek­te hat [1]. Die­se Befun­de eröff­nen völ­lig neue Per­spek­ti­ven der moder­nen Asthmatherapie.

Von 1,8‑Cineol, einem natür­li­chen C10-Iso­pren­po­ly­mer und dem Haupt-Monoter­pen in Euka­lyp­tus­öl (Euca­lyp­tol), ist aus expe­ri­men­tel­len Stu­di­en bekannt, dass es u. a. den Arach­idon­säu­re-Meta­bo­lis­mus und die Zyto­kin­pro­duk­ti­on von mensch­li­chen Mono­zy­ten sup­p­ri­mie­ren kann [2], auch jenen von Asth­ma­pa­ti­en­ten [3]. In der, von der Arbeits­grup­pe um den Pneu­mo­lo­gen Prof. Dr. Uwe R. Juer­gens, Uni­ver­si­tät Bonn, vor­ge­leg­ten Stu­die [sie­he 1] ist nun unter­sucht wor­den, ob das bewähr­te Atem­wegs­the­ra­peu­ti­kum 1,8‑Cineol auch bei Asth­ma­pa­ti­en­ten rele­van­te ent­zün­dungs­hem­men­de Effek­te von Predn­iso­lon-äqui­va­len­ter Wirk­stär­ke ent­fal­ten kann.

Studie

Zu die­sem Zweck wur­den 32 Pati­en­ten mit ste­ro­id­ab­hän­gi­gem schwe­rem Asth­ma bron­chia­le (5–24 mg Prednisolon/​Tag) in die dop­pel­blin­de, pla­ce­bo­kon­trol­lier­te Stu­die auf­ge­nom­men. Nach Ein­stel­lung der indi­vi­du­ell effek­ti­ven Erhal­tungs­do­sis des ora­len Ste­ro­ids wäh­rend einer zwei­mo­na­ti­gen Vor­lauf­pha­se erhiel­ten die Pati­en­ten über einen Behand­lungs­zeit­raum von 12 Wochen ent­we­der 3x täg­lich 200 mg 1,8‑Cineol (Ver­um) oder Pla­ce­bo in dünn­darm­lös­li­chen Kap­seln. Die Dosie­rung des ora­len Glu­ko­kor­ti­ko­ids wur­de alle drei Wochen in 2,5 mg Schrit­ten redu­ziert. Die sons­ti­ge medi­ka­men­tö­se Begleit­the­ra­pie mit inha­lier­ba­ren Ste­ro­iden, Theo­phyl­lin, For­mo­te­rol oder Ipr­atro­pi­um­bro­mid wur­de mit Aus­nah­me kurz­wirk­sa­mer β‑Agonisten zur Bron­cho­di­la­ta­ti­on (Ein­nah­me ad libi­tum) unver­än­dert fort­ge­führt. Das pri­mä­re Stu­di­en­ziel bestand in der Eva­lua­ti­on der glu­ko­kor­ti­ko­id­s­pa­ren­den Kapa­zi­tät von 1,8‑Cineol bei schwe­rem Asthma.

Ergebnisse

Die Pati­en­ten tole­rier­ten in der Ver­um­grup­pe eine Ver­rin­ge­rung der täg­li­chen Predn­iso­lon­do­sis um 36% (Bereich: 2,5–10 mg, im Mit­tel: 3,75 mg), in der Pla­ce­bo­grup­pe jedoch nur um 7% (Bereich: 2,5–5 mg, im Mit­tel: 0,91 mg). Der Unter­schied ist sta­tis­tisch hoch signi­fi­kant (p=0,006). Bei 12 der 16 Cineol‑, resp. nur vier der 16 Pla­ce­bo-Pati­en­ten war eine signi­fi­kan­te Ver­rin­ge­rung der ora­len Ste­ro­id­me­di­ka­ti­on (p=0,012) mög­lich. Ande­re kli­ni­sche Effek­te der Cineol­the­ra­pie im Ver­gleich zur Pla­ce­bog­a­be waren: Signi­fi­kan­ter Erhalt von Lun­gen­funk­ti­on und dyna­mi­schen Lun­gen­vo­lu­mi­na und ‑kapa­zi­tä­ten, kein Anstieg der täg­li­chen Sal­bu­t­amol­ver­wen­dung (Pla­ce­bo­grup­pe: Ver­dop­pe­lung des Tages­be­darfs), signi­fi­kant sel­te­ner auf­tre­ten­de Atem­not­an­fäl­le. Die For­scher kom­men des­halb zu dem Schluss, dass 1,8‑Cineol im Rah­men einer sys­te­mi­schen Glu­ko­kor­ti­ko­id-Lang­zeit­the­ra­pie einen sta­tis­tisch signi­fi­kan­ten kor­ti­ko­id­s­pa­ren­den Effekt bei Pati­en­ten mit ste­ro­id­ab­hän­gi­gem Asth­ma hat. Die­ser erst­ma­li­ge Beleg der ent­zün­dungs­hem­men­den Wir­kung von 1,8‑Cineol bei Asth­ma bron­chia­le unter­stützt den ratio­na­len Ein­satz des Monoter­pens auch bei ande­ren Erkran­kun­gen der unte­ren und obe­ren Atemwege.

Wirkung

Die Viel­falt der the­ra­peu­ti­schen Wir­kun­gen von 1,8‑Cineol (expek­to­rie­rend, muk­oly­tisch, bron­cho­di­la­ta­tiv, anti­se­kre­to­risch, anti­phlo­gis­tisch, anti­oxi­da­tiv, anti­bak­te­ri­ell, anti­fun­gal, anal­ge­tisch u.a.) lässt die Ver­mu­tung zu, dass das iso­lier­te äthe­ri­sche Öl – mög­li­cher­wei­se in Fol­ge der Struk­tur­ähn­lich­keit von Iso­p­re­no­iden mit Ste­ro­id­hor­mo­nen, Glu­ko­kor­ti­ko­iden und Toco­phe­ro­len – zen­tra­le Schlüs­sel­re­ak­tio­nen der kör­per­ei­ge­nen Ent­zün­dungs­kas­ka­den regu­lie­ren kann [4]. Doch nicht nur die Ste­ro­id­ähn­lich­keit könn­te die beleg­ten anti-inflamm­a­to­ri­schen Effek­te erklä­ren, son­dern auch ein anti-oxi­da­tive Poten­ti­al von Euka­lyp­tus­öl (aggres­si­ve Sau­er­stoff­ra­di­ka­le sind zen­tral an der Ent­zün­dungs­pa­tho­ge­ne­se betei­ligt) [5]. Da die sys­te­mi­sche The­ra­pie mit dem unge­sät­tig­ten Ter­pen Cineol in dünn­darm­lös­li­chen Kap­seln gut ver­träg­lich ist – und vor allem kei­ne wie auch immer gear­te­ten ste­ro­id­ty­pi­schen Neben­wir­kun­gen ent­fal­tet – könn­te der Wirk­stoff sowohl als ste­ro­id­s­pa­ren­des Add-On bei der Lang­zeit­the­ra­pie als auch bei der früh­zei­tig-prä­ven­ti­ven Behand­lung von Asth­ma und ande­ren chro­nisch-obstruk­ti­ven Atem­wegs­er­kran­kun­gen (COPD) in Fra­ge kom­men. Übri­gens könn­ten die beleg­ten anti­oxi­da­tiv­en und anti­phlo­gis­ti­schen Effek­te von Cineol, wie neue­re Stu­di­en [6] nahe­le­gen, auch ulze­rö­sen Läsio­nen der Magen­schleim­haut vorbeugen.

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Heil­pflan­­zen-Welt (2003).
Quel­len
1. Juer­gens UR, Deth­lef­sen U, Stein­kamp G, Gil­lis­sen A, Rep­ges R, Vet­ter H: Anti-inflam­m­a­­to­ry acti­vi­ty of 1,8‑cineol (euca­lyp­tol) in bron­chi­al asth­ma: a dou­­b­le-blind pla­ce­­bo-con­­trol­­led tri­al. Respir Med. 2003 Mar;97(3):250–6 (Med­li­ne).
2. Juer­gens UR, Stö­ber M, Vet­ter H: Ste­ro­id­ar­ti­ge Hem­mung des mono­zy­tä­ren Arach­idon­säu­re­me­ta­bo­lis­mus und der IL-1ß-Pro­­duk­­ti­on durch 1,8‑Cineol. Atemw-Lun­­gen­­krkh. 1998; 24(1):3–11.
3. Juer­gens UR, Sto­ber M, Schmidt-Schil­­ling L, Kleu­ver T, Vet­ter H: Anti­in­flamm­a­to­ry effects of euclyp­tol (1,8‑cineole) in bron­chi­al asth­ma: inhi­bi­ti­on of arach­ido­nic acid meta­bo­lism in human blood mono­cytes ex vivo. Eur J Med Res. 1998 Sep 17;3(9):407–12 (Med­li­ne).
4. U.R. Juer­gens, T. Enge­len, M. Sto­ber, S. Tasci, K. Rack, H. Vet­ter. Dept of Pneu­mo­lo­gy, Med. Out­pa­ti­ent Cli­nic, Bonn Univ.-Hospital, Bonn, Ger­ma­ny; Dept Inter­nal Medi­ci­ne II, Bonn Univ.-Hospital, Bonn, Ger­ma­ny; Dept of Phar­ma­co­lo­gy and Toxi­co­lo­gy, Uni­ver­si­ty of Bonn, Bonn, Ger­ma­ny: Inhi­bi­ti­on of Cyto­ki­ne Pro­duc­tion by 1,8‑Cineol (Euca­lyp­tol) in Sti­mu­la­ted Human Lym­pho­cytes and Mono­cytes In Vitro. Abs­tract. Inter­na­tio­nal Con­fe­rence of Ame­ri­can Lung Association/​​American Tho­ra­cic Socie­ty. Seat­tle, WA, May 21, 2003 (Pos­ter Dis­cus­sion Ses­si­on), 16.–21.5.2003.
5. Grass­mann J, Hip­pe­li S, Dor­nisch K, Roh­nert U, Beu­scher N, Elst­ner EF: Anti­oxi­dant pro­per­ties of essen­ti­al oils. Pos­si­ble expl­ana­ti­ons for their anti-inflam­m­a­­to­ry effects. Arz­nei­mit­tel­for­schung. 2000 Feb;50(2):135–9 (Med­li­ne).
6. San­tos FA, Rao VS: 1,8‑cineol, a food fla­voring agent, pre­vents etha­­nol-indu­­ced gas­tric inju­ry in rats. Dig Dis Sci. 2001 Feb;46(2):331–7 (Med­li­ne).

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