Ingwerwurzel und ‑Pulver
Den einen schmeckt er sehr gut, den anderen gar nicht – beim Ingwer scheiden sich die Geister. Ingwer ist aber mehr als nur ein Gewürz für die Weihnachtsbäckerei. Ingwer ist eine Heilpflanze mit bemerkenswerten Eigenschaften und Wirkungen.
Der Ingwer, Zingiber officinale, wird seit Jahrtausenden als wertvolles Gewürz und Heilmittel von verschiedenen Kulturen geschätzt und verwendet. Inzwischen ist die eigenwillig geformte Knolle auch bei uns populär geworden. Ingwer gibt der asiatischen Küche ihre außergewöhnliche Note. In der traditionellen Chinesischen Medizin ist Ingwer eines der wichtigsten Heilmittel. Aber auch die westeuropäische Naturheilkunde interessiert sich für seine Heilkraft: Ingwer verbessert die Verdauung und die Nährstoffresorption im Darm, er wirkt antiemetisch, antinflammatorisch und gastrokinetisch.
Seit 1997 wurde Ingwer in das Deutsche Arzneibuch aufgenommen. Von der Kommission E wurde der Ingwer positiv monographiert für seine Indikationsgebiete “dyspeptische Beschwerden” und “Verhinderung von Reisekrankheiten”.
Botanik
Ingwer Oberirdische Teile der Pflanze
Die genaue Herkunft der Ingwerstaude und des aus ihrer Wurzel gewonnenen Gewürzes sind unbekannt, sicher ist jedoch, dass sie in China schon vor 3000 Jahren bekannt war. Heute wird der Ingwer fast in allen tropischen Gebieten angebaut wie Jamaika, Brasilien, Florida, Zentral- Afrika und Südostasien. Der beste Ingwer kommt aus Jamaika.
Ingwer gehört zu der botanischen Familie der Ingwergewächse, der Zingiberaceae. Zingiber officinale Roscoe ist die einzige unter den mehr als 50 Arten der Gattung der Zingiber, die genießbar ist. Geerntet wird der Wurzelstock, auch Rhizom genannt. Dieses Rhizom kriecht horizontal im Boden und verzweigt sich geweihartig. Daraus entsteht der über ein Meter lang werdende blütenlose Scheinstängel. Er wird anschließend in kochendes Wasser geworfen und in der Sonne getrocknet.
Heilsame Wirkungen des Ingwer
Ingwer ist reich an ätherischen Ölen. Weitere Hauptbestandteile sind Sesquiterpene, Curcumin und a‑Farnesen, das sind chemische Verbindungen mit z.T. bekannten, z.T. ungeklärten Eigenschaften aus der großen Gruppe der sekundären Pflanzeninhaltsstoffe.
Der scharfe Geschmack des Ingwer geht auf die so genannten Gingerole zurück, wovon das [6]-Gingerol die intensivste Schärfe hat. Gingerole ist aber nicht für den Geschmack, sondern auch für eine teil der heilsamen Wirkungen des Ingwer verantwortlich: Gingerole sind in ihrer chemischen Struktur und ihrer Wirksamkeit nämlich dem Aspirin sehr ähnlich. Das heißt, sie hemmen die Aggregation von Thrombozyten, wodurch das Risiko von Blutgefäßverschlüssen und Arteriosklerose deutlich verringert wird. Darüber hinaus wirken Gingerole schmerzhemmend und im Darm als Gegenspieler zum Hormon Serotonin. Auf Grund der letzteren Eigenschaft zählt Ingwer zu den hilfreichen Mitteln gegen Übelkeit, Blähungen und Krämpfe im Darmbereich.
Die Scharfstoffe Gingerole verflüchtigen sich beim Kochen nur geringfügig. Sie regen den Speichel- und die Schweißabsonderung an, durch die Erregung der Wärmenerven im Magen sorgen sie dort für ein ausgesprochen intensives Brenn- und Hitzegefühl.
Ingwer Aufgeschnittene Ingwerwurzel (© Marion Kaden)
Ingwer wirkt überhaupt sehr positiv auf den Verdauungstrakt. Er regt den Appetit an und es werden dadurch reichlich Verdauungssäfte gebildet. Ingwerwurzel regt außerdem die Gallensaftproduktion an und erleichtert so die Fettverdauung. Die Wurzel soll auch allgemein entkrampfend wirken, gegen Schwindel und Brechreiz helfen sowie die Übelkeit bei Reisen lindern. Das gilt nach Medikamenteneinnahme und Mageninfektionen. Er wird daher häufig gegen Reisekrankheit eingenommen.
Rezepte
Die frische Knolle wird am Besten in kleine Stücke geschnitten oder gerieben. Ingwer eignet sich für Gemüsegerichte und auch für Soßen. Insbesondere Gerichte aus asiatischen Ländern werden damit abgeschmeckt. (Übrigens: Auch Currypulver besteht unter anderem aus Ingwer).
Auch als Tee kann frischer Ingwer aufgebrüht und getrunken werden. Dazu sollte ein Stück von der Knolle (etwa Daumenlänge) geschält und in dünnen Scheiben geschnitten werden. Diese Scheiben in eine Tasse geben und mit kochendem Wasser übergießen. 10 Minuten ziehen lassen. Wenn gewünscht mit Honig süßen und in kleinen Schlucken trinken.
Bei uns sind das teilweise sehr scharfe Ingwerkonfekt (kandiert, mit und ohne Schokolade) und die süßeren Ingwerbonbons bekannt.
Tipp: Wirklich frischen Ingwer erhält man am besten in chinesischen Lebensmittelgeschäften und Naturkostläden. Die kandierten Ingwerstücke gibt es sowohl in Reformhäusern als auch in Feinkostläden bzw. Süßwarengeschäften zu kaufen.
Rezeptur für einen chinesischen Heiltee gegen Grippe
Zutaten: | |
---|---|
Zimtbaumzweige (Ram. cinnamomi) | 5 Gramm |
Pfingstrosenwurzel (Rd. paeoniae) | 5 Gramm |
Frische Ingwerwurzel (Rhz. zingiberis r.) | 5 Gramm |
Datteln (Fr. jujubae) | 12 Gramm |
Honigsüßholz (Rd. glycyrrhizae t.) | 3 Gramm |
Windschutzwurzel (Rd. ledebouriellae) | 5 Gramm |
Magnolienblüten (Flos magnoliae) | 5 Gramm |
Anwendungsgebiete (Indikationen)
Geringes Fieber mit Frösteln, Schweißausbrüche mit Kälteempfindlichkeit, Nackenkopfschmerzen, Schnupfen mit verstopfter Nase, wenig Durst, die Zunge ist weiß belegt, der Puls ist etwas schwach und beschleunigt.
Trinken Sie den Tee gleich zu Beginn eines grippalen Infekts mit diesen Symptomen solange, bis Sie ein Wärmegefühl verspüren. Legen Sie sich dann hin und schlafen Sie lange.
Autor
• Jens Meyer-Wegener, Heilpflanzen-Welt (2002).
Quellen
• H. Schilcher, S. Kammerer: Leitfaden Phytotherapie. Urban & Fischer Verlag, München, 2001.
weitere Infos
• Monographie
• Teerezept