Vielseitiger Majoran

Majo­ran (Ori­ga­num majo­ra­na)

Majo­ran ist ein viel­sei­ti­ges und vor allem unter­schätz­tes Küchen­ge­würz. In der Erfah­rungs­heil­kun­de ist es als Medi­ka­ment aner­kannt und ent­hält Inhalt­stof­fe, die für Dia­be­ti­ker oder Alz­hei­mer­pa­ti­en­ten zukünf­tig Bedeu­tung haben könnten.

Majo­ran (Ori­ga­num majo­ra­na) gehört zu der Fami­lie der Lip­pen­blü­ten­ge­wäch­se (Lami­aceae) genau­so wie Ore­ga­no (Ore­ga­num vul­ga­re L.). In den öst­li­chen Län­dern des Mit­tel­mee­res wird oft zwi­schen die­sen Kräu­tern kei­ne Unter­schei­dung gemacht – und die­ser undif­fe­ren­zier­te Gebrauch hat sich sogar in man­chen unse­rer Koch­bü­cher ein­ge­schli­chen: Da kann häu­fig gele­sen wer­den, dass Ore­ga­no und Majo­ran schwer zu unter­schei­den sei­en. Klar ist jedoch: Es gibt ein­deu­ti­ge und wesent­li­che Unter­schie­de zwi­schen den bei­den Kräutern.

Delikat zu Fisch oder Kartoffeln

Majo­ran hat einen süßen, wohl­rie­chen­den, fri­schen manch­mal sogar blu­mi­gen Geruch und einen aro­ma­ti­schen süß-bit­te­ren Geschmack. Ore­ga­no ist hin­ge­gen viel stär­ker – sowohl im Geruch als auch Geschmack – und vie­len als Piz­za-Gewürz ein Begriff. Majo­ran ist kein Ein­zel­ge­würz wie Ore­ga­no, son­dern wird wegen sei­nes fei­nen Aro­mas ger­ne mit ande­ren Kräu­tern kom­bi­niert: Mit Thy­mi­an ergibt es eine belieb­te Wür­ze für Leber‑, Blut oder Brat­würst­chen. Gemein­sam mit Wachol­der wird Majo­ran zu einer geschmack­vol­len und ergie­bi­gen Würz­mi­schung für Fleisch- und Wild­ra­gouts. Aber: Das Kraut macht auch allei­ne etwas her. Zum Bei­spiel sehr fein geschnit­ten, ist es deli­kat zu fri­schen Kar­tof­feln, spar­sam ver­wen­det bei Fisch­ge­rich­ten ergibt sich eine fei­ne Note. Bei Kohl oder Hül­sen­früch­ten ein­ge­setzt, sorgt Majo­ran für eine def­ti­ge Wür­zung. Wegen sei­nes kräf­ti­gen Aro­mas soll­te mit Majo­ran jedoch nur vor­sich­tig ein­ge­setzt wer­den. Im Han­del gibt es fri­sche oder getrock­ne­te Ware, wobei die fri­sche grund­sätz­lich aro­ma­ti­scher ist. Zum Wür­zen kön­nen Blü­ten, Sten­gel und Blät­ter ver­wen­det wer­den, die jedoch nicht mit­ge­kocht wer­den soll­ten, son­dern wird erst zum Schluß hin­zu­ge­fügt wer­den, denn Hit­ze zer­stört sein Aroma.

Pflanze mit speziellen Bedürfnissen

Soll­te das Kraut selbst­ge­zo­gen oder vom Gärt­ner als hie­si­ge Züch­tung gekauft wor­den sein ist zu beach­ten, dass Majo­ran nicht so annä­hernd so inten­siv schme­cken oder rie­chen wird wie süd­li­che Ware. Eine kräf­ti­ge­re Wür­zung ist also denk­bar. Majo­ran soll ursprüng­lich von den Ara­bern in die Mit­tel­meer-Regi­on gebracht wor­den sein, wo es sich sehr schnell wegen der güns­ti­gen Bedin­gun­gen ver­brei­te­te. Wie bei allen medi­ter­ra­nen Kräu­tern sind Kli­ma und Boden­be­schaf­fen­heit ent­schei­den­de Kri­te­ri­en für aro­ma­ti­sche, geschmacks­in­ten­si­ve Qua­li­tät. Zur Ent­wick­lung der äthe­ri­schen Öle, die maß­geb­lich am Geruch und Geschmack betei­ligt sind, ist viel Wär­me nötig. Die Pflan­ze hat hohe Ansprü­che. Sie ist nicht leicht im Gar­ten zu hal­ten, weil sie leicht erwärm­ba­re, humus­rei­che Böden benö­tigt. Außer­dem bevor­zugt das Kraut geschütz­te Lagen mit viel Son­ne und aus­rei­chen­der Feuch­tig­keit. Es ver­trägt sich nicht mit ande­ren Lip­pen­blüt­lern und kann weder mit Pfef­fer­min­ze, Melis­se noch Thy­mi­an zusam­men ange­pflanzt wer­den. Majo­ran wird ein­jäh­rig ange­baut und soll­te wegen der Unver­träg­lich­keit mit sich selbst im Fol­ge­jahr einen ande­ren Stand­ort haben.

Zwei Ernten pro Jahr möglich

Das Kraut hat einen hohen Nähr­stoff­be­darf, ver­trägt jedoch über­haupt kei­nen Stall­mist. Majo­ran wird etwa 30–50 cm hoch und ist an der grau­fil­zi­gen Behaa­rung und den weiß-lila Blü­ten zu erken­nen. Wenn sich die Köpf­chen voll aus­ge­bil­det haben und kurz vor der Blü­te ste­hen, ist der ers­te Ern­te­zeit­punkt gekom­men. Sowohl Blü­ten, Kraut und Stän­gel eig­nen sich zur Ern­te. Ein zwei­ter Schnitt ist unter guten Bedin­gun­gen Ende August mög­lich. Vor dem Trock­nen reicht ein leich­tes Abklop­fen des Staubs. Auf kei­nen Fall soll­te das Kraut vor­her abge­spült wer­den, denn das ver­län­gert den Trock­nungs­pro­zeß und för­dert die Schim­mel­bil­dung. Eine luf­ti­ge Trock­nung ist wich­tig und dann abge­schlos­sen, wenn sich die Blät­ter knis­ternd zwi­schen den Fin­gern zer­rei­ben las­sen. Bei der Ern­te ist außer­dem dar­auf zu ach­ten, dass nur ein­wand­frei­es Kraut getrock­net wird. Majo­ran wird ger­ne von Minz­rost oder Fusa­ri­um befal­len. Die­se Pilz­er­kran­kun­gen sind leicht durch brau­ne unan­sehn­li­che Stel­len erkenn­bar und kön­nen eine gan­ze Ern­te ver­der­ben. Ihre Aus­schei­dun­gen, die Myko­to­xi­ne, kön­nen die Gesund­heit angrei­fen. Befal­le­nes Kraut soll­te des­halb unbe­dingt aus­sor­tiert werden.

Gut für Frauen

Kli­ma und Boden­be­schaf­fen­heit beein­flus­sen, wie schon erwähnt, die Kon­zen­tra­ti­on der Inhalts­stof­fe. Des­halb kann der Gehalt der Wirk­stof­fe beim getrock­ne­ten Kraut vari­ie­ren, zum Bei­spiel bei den äthe­ri­schen Ölen von ein bis drei Pro­zent. Als wei­te­re Inhalts­stof­fe sind Fla­vo­no­ide (Diosme­tin, Luteo­lin, Thy­mo­nin), Kaf­fee­säu­re­de­ri­va­te (Ros­ma­rin­säu­re), was­ser­lös­li­che Polys­acchacri­de (bis zu 13%) zu nen­nen. Tri­ter­pe­ne (Ursol‑, Olen­a­nol­säu­re), Arbu­tin und Hydro­chi­non sind eben­falls nach­weis­bar. Weil Majo­ran anti­mi­kro­biel­le Wir­kung hat, wur­de es ger­ne dem Wasch­was­ser hin­zu­ge­fügt bis moder­ne Wasch­zu­sät­ze das Kraut ersetz­ten. In der moder­nen Schul­me­di­zin hat das Kraut kei­ne Rele­vanz und wird dort nur als geschmacks­för­dern­des Kor­ri­gens bei Diä­ten genutzt. Die Volks- und Erfah­rungs­heil­kun­de hin­ge­gen setzt Majo­ran schon lan­ge viel­fäl­tig ein. Bei­spiels­wei­se berich­tet der grie­chi­sche Arzt Dio­s­ku­r­i­des (40–90) über die Anwen­dung abge­koch­ten Majo­ran-Suds gegen Was­ser­sucht, Harn­ver­hal­ten, Krämp­fe oder zur För­de­rung der Mens­trua­ti­on. Ver­tre­ter der mit­tel­al­ter­li­chen Heil­kun­de ver­ord­ne­ten Majo­ran-Tee bei kli­mak­te­ri­schen Beschwer­den, Regel­stö­run­gen oder Stär­kung der weib­li­chen Unter­leibs­or­ga­ne. Der Schwer­punkt der heil­sa­men Wir­kung bei Frau­en mag auch mytho­lo­gisch erklär­bar sein: Majo­ran galt bei den Grie­chen gemein­sam mit Thy­mi­an und Ros­ma­rin als Pflan­ze, die der Lie­bes­göt­tin Aphro­di­te geweiht war. Die Röme­rin­nen ord­ne­ten Majo­ran ero­ti­sie­ren­de Kräf­te zu und nutz­ten wohl­rie­chen­de Majo­ran-Öle und Sal­ben, um den Gelieb­ten zu betören.

Weitere gesundheitliche Wirkungen

Majo­ran wird volks­me­di­zi­nisch wegen sei­ner äthe­ri­schen Öle zum einen bei Erkäl­tungs­krank­hei­ten, zum ande­ren zur Appe­tit­an­re­gung, gegen Blä­hun­gen oder bei ner­vö­sen Magen-Darm-Stö­run­gen ein­ge­setzt. Weil das Kraut auch als ent­schla­ckend gilt, kann es auch zur Anre­gung der Darm­tä­tig­keit ein­ge­setzt wer­den. Wei­te­re erfah­rungs­me­di­zi­ni­sche Anwen­dun­gen: Kräf­ti­gungs- und Stär­kungs­mit­tel beson­ders auch bei Rekon­va­les­zen­ten, För­de­rung gesun­den Schlafs, tro­cke­ner Reiz­hus­ten. Majo­ran ist jedoch nicht nur alt­be­währt. Auf der Suche nach wich­ti­gen Wirk­stof­fen beschäf­ti­gen sich auch For­scher mit Kräu­tern und unter­su­chen die­se auf Inhalts­stof­fe, die viel­leicht zukünf­tig wich­tig sein könn­ten. Japa­ni­sche For­scher bei­spiels­wei­se ent­deck­ten in alko­ho­li­schem Majo­ran­ex­trakt ein Enzym, das als alpha-Glu­ko­si­da­se-Hem­mer für Dia­be­ti­ker wich­tig ist. Es hemmt oder ver­lang­samt – wie ver­gleich­ba­re syn­the­ti­sche Wirk­stof­fe auch – die Koh­le­hy­drat-Auf­nah­me im Darm und ver­hin­dert so gefähr­li­che Blut­zu­cker­spit­zen nach dem Essen. Syn­the­ti­sche Medi­ka­men­te, die zur Zeit die­se Auf­ga­be über­neh­men, könn­ten zukünf­tig viel­leicht durch natür­li­che Wirk­stof­fe ergänzt werden.

An einer korea­ni­schen Uni­ver­si­tät wur­de her­aus­ge­fun­den, dass die Ursol­säu­re aus Major­an­blät­tern ein poten­ter Ace­tyl­cho­li­ne­s­ter­ase-Hem­mer ist, der eines Tages wert­vol­le Diens­te bei Alz­hei­mer-Erkran­kung (AD) leis­ten könn­te. AChE-Hem­mer ver­lang­sa­men den Abbau des wich­ti­gen Ner­vi­en­si­gnal­stof­fes Ace­tyl­cho­lin und sind die der­zeit ein­zi­ge Wirk­stoff­grup­pe, die frü­he Sym­pto­me von AD wie zum Bei­spiel Gedächt­nis­ver­lust ver­rin­gern kann.

Autorin
• Mari­on Kaden, Natür­lich (2006).
Quel­len
McCue PP, Shet­ty K. Inhi­bi­to­ry effects of ros­ma­ri­nic acid extra­cts on por­ci­ne pan­crea­tic amy­la­se in vitro. Asia Pac J Clin Nutr. 2004;13(1):101–6 (Med­li­ne).
Chung YK, Heo HJ, Kim EK, Kim HK, Huh TL, Lim Y, Kim SK, Shin DH. Inhi­bi­to­ry effect of urso­lic acid puri­fied from Ori­ga­num majo­ra­na L on the ace­tyl­cho­li­ne­s­ter­ase. Mol Cells. 2001 Apr 30;11(2):137–43 (Med­li­ne).
wei­te­re Infos
Tee­re­zept

Bitte Ihre Frage, Anmerkung, Kommentar im folgenden Feld eingeben