Nasenspray bei Erkältungen wenig hilfreich

Nasen­spray

Die Grip­pe rollt wie­der an, frü­her und stär­ker als in den Vor­jah­ren (sie­he 5‑Jah­res-Ver­gleich). Und weil dann – irgend­wann – auch die Nase tropft, boomt der Nasen­spray-Erkäl­tungs­markt. Doch die­se Sprays sind zur Vor­beu­gung oder Behand­lung grip­pa­ler Infek­te weit­ge­hend sinn­los, sie sind kaum mehr als Beutelschneiderei.

Fragliche Schutzwirkung

Wis­sen­schaft­lich ist klar: Ein ein­fa­cher “chir­ur­gi­scher” Gesichts­schutz schützt die Trä­ger genau­so schlecht zum Bei­spiel vor Influ­en­za-Infek­tio­nen wie auf­wän­di­ge und teu­re Atem­schutz­mas­ken. Weder zu Haus, auf dem Arbeits­weg noch im übli­chen Arbeits­um­feld von Kran­ken­häu­sern oder Arzt­pra­xen. Aus die­sem Grund gibt es kei­ner­lei natio­na­le oder inter­na­tio­na­le Emp­feh­lun­gen, sol­che Schutz­mas­ken zum per­sön­li­chen Grip­pe­schutz oder zur Pro­phy­la­xe von Influ­en­za-Epi­de­mien zu verwenden.

Virusziel Hals und Rachen

War­um aber schüt­zen weder Mas­ken noch irgend­wel­che Nasen­cremes vor Infek­tio­nen der Atem­we­ge – ob nun “rein pflanz­lich” oder “schul­me­di­zi­nisch”? Obwohl sich doch vie­le Beschwer­den im Erkran­kungs­ver­lauf gera­de dort abspie­len – Schmer­zen, Nies­reiz, Schwel­lun­gen, ver­stopf­te oder Fließ­na­se? Ein biss­chen wis­sen­schaft­li­che For­schung, und schon ist klar: Vie­le typi­sche Viren von Erkäl­tun­gen, grip­pa­len Infek­ten oder Influ­en­za infi­zie­ren gar nicht die Schleim­haut im Inne­ren der Nase. Selbst wenn sie dort­hin gelan­gen, ist die Schleim­haut durch “Schleim”, den Schleim­ab­trans­port oder viel­fäl­ti­ge Abwehr­stof­fe zunächst gut geschützt.

Die Erre­ger ste­cken uns also oft ganz woan­ders zuerst an: So infi­ziert bei­spiels­wei­se die häu­figs­te Viren­grup­pe von aku­ten Atem­wegs­in­fek­ten – die gro­ße Grup­pe der Rhi­no­vi­ren – immer zunächst den hin­te­ren Rachen­raum. Die­se Viren haben – wie ande­re auch – eine beson­de­re “Affi­ni­tät” für die­sen Teil der Atem­we­ge, der von der Struk­tur der Schleim­haut im Ver­dau­ungs­trakt ähnelt. Des­halb kommt es so zunächst zu dickem Hals, Hals­weh und Schluck­be­schwer­den. Erst dann brei­ten sich die Viren auch in Rich­tung Nase aus, wo sie schließ­lich die bekann­ten Schnup­fen-Beschwer­den auslösen.

Lutschtabletten sinnvoll

Ohne die­se wis­sen­schaft­li­chen Grün­de zu ken­nen wer­den zur Vor­beu­gung und Behand­lung seit Urzei­ten Lutsch­ta­blet­ten ver­wen­det. Sie regen vor allem die Spei­chel­bil­dung an, der Krank­heits­er­re­ger in Rich­tung Magen fort­spült (wo sie von der Magen­säu­re deak­ti­viert wer­den). Zudem sind im Spei­chel vie­le kör­per­ei­ge­ne Abwehr­stof­fe, die eben­falls anti­vi­ral oder anti­bak­te­ri­el­le Wir­kun­gen haben. Man­che Lutsch­ta­blet­ten ent­hal­ten schließ­lich noch pflanz­li­che Wirk­stof­fe, die zum Bei­spiel vor loka­len Infek­tio­nen im Hals-Rachen­raum schüt­zen (zum Bei­spiel aus der Zist­ro­se) oder die über­schie­ßen­de Erkäl­tungs­be­schwer­den lin­dern (zum Bei­spiel aus rotem Sonnenhut).

Probleme mit Nasensprays und ‑cremes

All­ge­mein bekannt sind die gro­ßen Pro­ble­me mit abschwel­len­den Nasen­sprays. Die­se kön­nen schon nach weni­gen Anwen­dungs-Tagen zu nach­hal­ti­gen Schä­den der Nasen­schleim­haut füh­ren. Sowie schwer zu behan­deln­der Abhän­gig­keit. Auch fett- oder mine­ral­öl­hal­ti­ge Nasen-Anwen­dun­gen (zum Bei­spiel Nasen­cremes auf Grund­la­ge von Par­af­fin) sind nicht unge­fähr­lich. Gelan­gen deren ölhal­ti­ge Bestand­tei­le in die Lun­gen, ist eine Lun­gen­ent­zün­dung mög­lich (“Lipid-Pneu­mo­nie”). Wegen der unge­wöhn­li­chen Ursa­che kann bis zu einer kor­rek­ten Dia­gno­se und ange­mes­se­nen The­ra­pie dann viel Zeit vergehen.

Nasenspray als Kuranwendung

Nasen­du­sche

Nasen­spray kann – zum Bei­spiel als Kur­an­wen­dung – sinn­voll sein, wenn es gilt die Akti­vi­tät der Nasen­schleim­häu­te wie­der anzu­kur­beln. Bei­spiels­wei­se bei einem durch tro­cke­ne Luft und erhöh­te Staub­be­las­tung chro­nisch gewor­de­nen, “fest­sit­zen­den” tro­cke­nen Schnup­fen. Hier hilft vor allem die 4–8‑mal täg­li­che Anwen­dung einer iso­to­nen Koch­salz­lö­sung als Nasen­spray (oder Nasen­du­sche). Ärzt­lich ver­ord­ne­te abschwel­len­de Nasen­sprays kön­nen hin­ge­gen sinn­voll sein, wenn es gilt die wei­te­re Aus­brei­tung eines star­ken Schnup­fens in Rich­tung Nasen­ne­ben­höh­len zu ver­hin­dern, oder eine sol­che Erkran­kung zu behandeln.

Resümee

Erfah­rung frü­he­rer Gene­ra­tio­nen, auch wenn sie nicht im moder­nen Sin­ne wis­sen­schaft­lich unter­mau­ert wur­de, ist manch­mal mehr wert, als die Phan­tas­te­rei­en der Phar­ma­in­dus­trie: Früh­zei­tig schon zu Beginn einer Erkäl­tung ange­wand­te Lutsch­ta­blet­ten kön­nen das Übel abwen­den oder zumin­dest deut­lich lin­dern. Die zar­te, emp­find­li­che Nasen­schleim­haut mit ihren beein­dru­cken­den Selbst­schutz­me­cha­nis­men soll­ten nicht mit irgend­wel­chen Prä­pa­ra­ten belas­tet wer­den. Nicht zuletzt, weil die meis­ten Infek­te gar nicht in der Nase beginnen.

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer , Heil­pflan­­zen-Welt (2010).
Quel­len
Loeb M, Dafoe N, Maho­ny J, John M, Sara­bia A, Gla­vin V, Web­by R, Smie­ja M, Earn DJ, Chong S, Webb A, Wal­ter SD: Sur­gi­cal mask vs N95 respi­ra­tor for pre­ven­ting influ­en­za among health care workers: a ran­do­mi­zed tri­al. JAMA. 2009 Nov 4;302(17):1865–71.
Schwaiblmair M, Berg­haus T, Hae­ckel T, Wag­ner T, Scheidt W: Lipidpneu­mo­nie – ein unter­schätz­tes Krank­heits­bild? Dtsch Med Wochen­schr. 2010 Jan;135(1–2):27–31.

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