Lesetipp: Argan‑Ö

Titel­bild

Das Argan­öl wird von den Früch­ten der Arga­ni­en (Arga­nia spi­no­sa) gewon­nen. Die­se Bäu­me, die ende­misch wach­sen, also nur in bestimm­ten Regio­nen Marok­kos, wur­den frü­her bis heu­te viel­fäl­tig genutzt: Das Holz und die Äste wer­den in den Dör­fern zum Teil noch zum Kochen ver­wen­det, das Laub und die Früch­te als Vieh­fut­ter. Die Früch­te der Arga­ni­en sind aus­ge­spro­chen ölhal­tig. Aus ihnen wird das Argan­öl in tra­di­tio­nel­ler Her­stel­lungs­wei­se aus­schließ­lich von Frau­en gewon­nen. Das heißt, das Argan­öl wird wie seit Jahr­hun­der­ten zwi­schen Stein­müh­len und in meh­re­ren Her­stel­lungs­schrit­ten ent­we­der von Dorf­frau­en oder Frau­en­ko­ope­ra­ti­ven gewon­nen. Letz­te­re haben sogar einen offi­zi­el­len Auf­trag: Denn über die Frau­en­ko­ope­ra­ti­ven erhal­ten Frau­en Ein­kom­men, dass ihnen und ihren Fami­li­en in den länd­li­chen Regio­nen Marok­kos wei­ter­hin die Exis­tenz sichert.

Das Wis­sen über die Ver­wen­dung des Argan­öls wur­de lan­ge tra­diert: Es ist Bestand­teil der tra­di­tio­nel­len marok­ka­ni­schen Küche, Schön­heits­pfle­ge oder Medi­zin. Mit Argan­öl kann z.B. Son­nen­brand behan­delt, Wun­den des­in­fi­ziert oder emp­find­li­che Haut zur Hei­lung ange­regt wer­den. Im 20. Jahr­hun­dert gelang­te das Wis­sen von der Zusam­men­set­zung des Öls, sei­nen her­vor­ra­gen­den Haut pfle­gen­den und Haut schüt­zen­den Eigen­schaf­ten über ein marok­ka­ni­sches Labor zu inter­na­tio­nal agie­ren­den Kos­me­tik­fir­men. Wegen sei­ner hän­disch auf­wen­di­gen Her­stel­lung ist das Argan­öl teu­er und wird als Kost­bar­keit gehan­delt. Das wird sich auch zukünf­tig nicht ändern. Denn Arga­ni­en­bäu­me kön­nen auch wei­ter­hin nur in bestimm­ten Regio­nen Marok­kos wach­sen wegen ihrer beson­de­ren Wachs­tums- und Kli­ma­be­dürf­nis­se. Inso­fern wer­den die Ern­te- und Her­stel­lungs­mög­lich­kei­ten des Argan­öls wei­ter­hin beschränkt und exklu­siv bleiben.

Das Buch “Argan-Öl” wur­de wahr­schein­lich im Auf­tra­ge der Marok­ka­ni­schen Regie­rung geschrie­ben. Denn kein gerin­ge­rer als der Marok­ka­ni­sche König Moham­med El sades ließ das Vor­wort schrei­ben. Das Buch ist also dem “Gold von Marok­ko” und sei­nen Ein­satz­mög­lich­kei­ten gewid­met. Der König ist zu Recht dar­an inter­es­siert, Arga­ni­en­bäu­me als Erbe sei­nes Lan­des unter beson­de­ren Schutz zu stel­len. Mit dem Buch wird gleich­zei­tig auch Wer­bung für die Bevöl­ke­rung, das Land, sei­ne rei­che Kul­tur gemacht. Möge dem König die Weis­heit gege­ben sein, die­se Auf­ga­be zum Woh­le sei­nes Lan­des auch tat­säch­lich umzusetzen.

Das Argan-Öl-Buch ent­hält Infor­ma­tio­nen, die rund um das Öl zusam­men getra­gen wur­den. Im ers­ten Teil wer­den Arbei­ten auf­ge­zählt, die die Zusam­men­set­zung des Argan­öls, sei­ne gesund­heit­li­che Bedeu­tung her­aus­ge­ar­bei­tet. Labor­tech­nisch wur­de fest­ge­stellt, dass Argan­öl z.B. bis zu 80 Pro­zent aus unge­sät­tig­ten Fett­säu­ren und Anti­oxi­dan­ti­en besteht. Außer­dem wur­den anti­oxi­da­tive, des­in­fi­zie­ren­de, Pilz- und Bak­te­ri­en abtö­ten­de Wir­kun­gen iden­ti­fi­ziert. Argan­öl soll zudem feuch­tig­keits­spen­den­de, zel­ler­neu­ern­de und abwehr­stär­ken­de Eigen­schaf­ten haben. Neben sei­ner ein­deu­ti­gen Ver­wen­dung zur Pfle­ge für Haut und Haar – wie tra­di­tio­nell belegt – wer­den im zwei­ten Teil des Buches mög­li­che medi­zi­ni­sche Anwen­dun­gen auf­ge­führt. Es soll, laut Anga­ben des Autors, bei­spiels­wei­se posi­ti­ve Wir­kun­gen auf Herz-Kreis­lauf-Erkran­kun­gen, Wech­sel­jah­re, Fett­stoff­wech­sel­stö­run­gen usw. haben.

Im drit­ten Teil gibt der Autor prak­ti­sche Schön­heits- und Well­ness-Tipps. Das Buch ist popu­lär­wis­sen­schaft­lich geschrie­ben. Er nennt zahl­rei­che Ein­satz­mög­lich­kei­ten des Argan­öls, macht sich jedoch nicht die Mühe, die wis­sen­schaft­li­chen Arbei­ten oder Stu­di­en tat­säch­lich zu benen­nen und somit nach­voll­zieh­bar zu machen. Das ist scha­de, denn so blei­ben die meis­ten Erwäh­nun­gen des Buches auf der Ebe­ne von Behaup­tun­gen. Nach dem “wis­sen­schaft­li­chen” Teil fol­gen prak­ti­sche Tipps vom Ein­kauf, zur Ein­nah­me­men­ge und Anwen­dungs­mög­lich­kei­ten. Die sind breit gefä­chert vom Anti-Aging-Mit­tel, Akne, Neu­ro­der­mi­tis, Schup­pen­flech­te bis zur Cel­lu­li­te. Am Ende des Buches gibt es, wie häu­fig in die­sen klei­nen Rat­ge­bern, noch ein paar Kochrezepte.

Fazit: Der Ein­druck, dass Infor­ma­tio­nen ohne beson­de­re Sorg­falt “zusam­men­ge­klatscht” und nach “Sche­ma F“zusammen getra­gen wur­den, lässt sich nicht bei­sei­te schie­ben. Auch die prak­ti­schen Tipps z.B. zum Son­nen­brand sind vom Schreib­tisch ohne beson­de­res Nach­den­ken ent­stan­den: Son­nen­hung­ri­gen Tou­ris­ten wird nach dem Son­nen­brand zuerst Küh­lung (rich­tig) und dann das Ein­rei­ben des Son­nen­brands mit einem Mix aus Argan- plus Aloe-Vera- und Johan­nis­kraut­öl emp­foh­len. Ver­ges­sen wird dabei, dass z. B. Johan­nis­kraut­öl in süd­li­chen Län­dern kaum und in abge­le­ge­nen Urlaubs­or­ten gar nicht zu bekom­men ist. Sie ent­spre­chen auch nicht den marok­ka­ni­schen Gepflo­gen­hei­ten, denn die Marok­ka­ne­rIn­nen benut­zen aus­schließ­lich das Argan­öl eben wegen sei­ner hei­len­den Fähig­kei­ten. Scha­de! Eine ver­pass­te Gele­gen­heit, das marok­ka­ni­sche Öl tat­säch­lich in sei­nen hei­mat­li­chen Kon­text zu stel­len und somit auf sei­ne Ein­zig­ar­tig­keit und Kost­bar­keit zu ver­wei­sen. Viel­leicht hat die­ses Her­an­ge­hen auch eine gute Sei­te: Wür­de welt­weit die Nach­fra­ge wei­ter­hin stei­gen, könn­ten sich Marok­ka­ne­rIn­nen ihr hei­mi­sches, wert­vol­les Öl noch weni­ger leis­ten (die arme Bevöl­ke­rung kann es schon längst nicht mehr).

Schlei­cher Peter: Argan-Öl. Die hei­len­de Wir­kung des marok­ka­ni­schen Gol­des. Süd­west Ver­lag. 2013. Mün­chen. 95 Sei­ten, 12,99 €. Direk­te Bestellung

Repor­ta­ge über Her­stel­lung des Argan-Öls in einer Frauenkooperative

Autorin
• Mari­on Kaden , Heil­pflan­­zen-Welt (Dezem­ber 2013).

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