Duftmedizin. Ätherische Öe und ihre Anwendungen

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Dass äthe­ri­sche Öle wir­ken und auch heil­sam sind, ist ein alter Hut. Schließ­lich gehört die Aro­ma­the­ra­pie zu einer der ältes­ten the­ra­peu­ti­schen Anwen­dun­gen der Mensch­heits­ge­schich­te. Neu ver­packt wird das uralte Kon­zept mit dem viel­ver­spre­chen­den Zusatz “Duft­me­di­zin”. Die Ver­wen­dung äthe­ri­scher Öle gehört in Deutsch­land zu den kom­ple­men­tär­me­di­zi­ni­schen Anwen­dun­gen, die ent­we­der in der Selbst­me­di­ka­ti­on oder durch Aro­ma­the­ra­peu­ten durch­ge­führt wer­den. Ver­schie­de­ne Orga­ni­sa­tio­nen bie­ten Aus­bil­dun­gen zum Aro­ma­the­ra­peu­ten an. Aller­dings gibt es in Deutsch­land kei­ne bun­des­wei­ten Richt­li­ni­en oder Aus­bil­dungs­grund­sät­ze – inso­fern kön­nen sich Insti­tu­te auch eige­ne Zer­ti­fi­zie­run­gen zule­gen. War­um die­se Aus­füh­run­gen? Die Autorin des Buches ist “ärzt­lich geprüf­te Aro­ma­the­ra­peu­tin” und Ernäh­rungs­be­ra­te­rin und arbei­tet für das ame­ri­ka­ni­sche Mul­ti-Level-Mar­ke­ting-Unter­neh­men Young Living. Anzu­neh­men ist, dass das vor­lie­gen­de Buch zur Bewer­bung des Unter­neh­mens und der Ver­mark­tung sei­ner Pro­duk­te dient.

Und nun zum Buch: Maria L. Schas­teen hat offen­sicht­lich lan­ge in den USA gelebt, denn ihr Buch hat einen “ame­ri­ka­ni­sier­ten” Schreib­stil. Er erin­nert stark an den Stil zum Bei­spiel von Loui­se Hay, der ame­ri­ka­ni­schen Best­sel­ler­au­torin, die mit “posi­ti­vem Den­ken” und “posi­ti­ven Affir­ma­tio­nen” über 50 Mil­lio­nen Exem­pla­re welt­weit ver­kauf­te. In ähn­li­che Rich­tung begibt sich Schas­teen, in dem sie schreibt “wir haben alle die­se Krank­hei­ten und Pro­ble­me, unter denen wir lei­den, selbst ange­zo­gen…. Wir haben sie selbst ver­ur­sacht”. Nur dass sie nicht haupt­säch­lich auf posi­ti­ve Affir­ma­tio­nen abhebt, son­dern ihren Schwer­punkt bei der per­sön­li­chen Hei­lung auf äthe­ri­sche Öle lenkt.

Die Autorin star­tet im ers­ten Kapi­tel mit einer per­sön­li­chen Ebe­ne, bei der ihr eige­ner Wer­de­gang mit Erleb­nis­sen rund um die Hei­lungs-Mög­lich­kei­ten mit äthe­ri­schen Ölen zum Aus­druck kommt. Dann fol­gen klei­ne Geschich­ten, in denen die Autorin als The­ra­peu­tin ihre Erfah­run­gen teilt, und die zum Bei­spiel die Hei­lung (durch Pfef­fer­minz­öl) von Migrä­ne­at­ta­cken auf­grund von Stress und psy­chi­schen Belas­tun­gen zei­gen sol­len. Dazwi­schen legt Schas­teen ihre Über­zeu­gun­gen dar, dass äthe­ri­sche Öle auf zel­lu­lä­rer Ebe­ne “wir­ken kön­nen und unse­re Lebens­pro­zes­se beein­flus­sen, um unse­re Erwar­tun­gen wie Glück, Gesund­heit und Erfolg mani­fes­tie­ren”. In die­sem Sin­ne ist das Buch ange­füllt mit vie­len Bei­spie­len oder Gedan­ken wie äthe­ri­sche Öle auf see­li­scher, emo­tio­na­ler oder zel­lu­lä­rer Ebe­ne zu wir­ken ver­mö­gen. Grund­sätz­lich ist gegen die­se Art und Wei­se des Schrei­bens nichts ein­zu­wen­den, ihre wei­te Ver­brei­tung fin­det welt­weit Inter­es­sen­ten oder begeis­ter­te Lese­rin­nen. Stö­rend ist aller­dings, dass wis­sen­schaft­li­che Arbei­ten zwar zitiert wer­den, doch nach­voll­zieh­ba­re Quel­len blei­ben unge­nannt. Manch­mal beruft sich die Autorin auf die Arbei­ten des Fir­men­grün­ders Donald Gary Young, was den werb­li­chen Zusam­men­hang mit dem Unter­neh­men ver­deut­licht. Aller­dings ist die­se Metho­de durch­aus auch in Deutsch­land üblich. Vie­le Phar­ma­her­stel­ler brin­gen gera­de in den Berei­chen der Selbst­me­di­ka­ti­on zahl­lo­se Bücher zur Selbst­hil­fe heraus.

Doch stim­men Behaup­tun­gen nicht, wie bei­spiels­wei­se, dass das äthe­ri­sche Öl der “Man­da­ri­ne: Süß, freund­lich, aber stark…. Man­da­ri­ne ent­hält 90% des wirk­sa­men Anti­oxi­dans d‑Limonen und wird wie Oran­ge, ein­ge­hend in der Krebs­for­schung getes­tet”. Eine ein­ge­hen­de Krebs­for­schung liegt defi­ni­tiv nicht vor. In der ame­ri­ka­ni­schen Daten­bank der natio­na­len medi­zi­ni­schen Biblio­thek der USA (Natio­nal Libra­ry of Medi­ci­ne – Natio­nal Insti­tu­tes of Health) gibt es eine Stu­die, die sich gegen­wär­tig mit dem The­ma befasst [1]: Dabei han­delt es sich um einen labor­tech­ni­schen Ver­such bei dem eine Emul­si­on mit flüch­ti­gem Blut­oran­gen-Öl direkt auf Darm­krebs­zel­len auf­ge­bracht wur­de. Ihre Über­le­bens­fä­hig­keit wur­de unter­sucht, mit posi­ti­vem Ergeb­nis und dem Hin­weis, dass noch wei­te­re Erfor­schun­gen nötig sei­en. Die Unter­su­chun­gen behan­del­ten also nicht die Ver­wen­dung von äthe­ri­schem Aro­ma­öl, wel­ches über die Nase ein­ge­at­met wird. Der­ar­ti­ge Aus­sa­gen füh­ren zur Ver­wir­rung und las­sen zum Bei­spiel bei Darm­krebs-Pati­en­ten fal­sche Hoff­nun­gen aufkommen.

Posi­tiv anzu­mer­ken ist, dass die beschrie­be­nen Rezep­te und Anwen­dun­gen des Buches auch ohne Young Living Pro­duk­te funk­tio­nie­ren wür­den. Denn es han­delt sich um gän­gi­ge äthe­ri­sche Öle, die von ver­schie­de­nen Her­stel­lern ange­bo­ten wer­den. Wer sich also auf “neue Wege in den Hei­lungs­kos­mos” bege­ben möch­te, möge die­ses tun (O‑Ton Buch­wer­bung bei Amazon).

Schas­teen Maria L.: Duft­me­di­zin. Äthe­ri­sche Öle und ihre the­ra­peu­ti­sche Anwen­dung. Cro­to­na Ver­lag GmbH, Ame­rang, 2016. (Direk­te Bestel­lung bei Ama­zon), Preis 19,95 Euro.

Autorin
• Mari­on Kaden, Heil­pflan­­zen-Welt (2016).
Quel­le
[1] Chi­dam­ba­ra Mur­thy KN1, Jaya­pra­ka­sha GK, Patil BS.: D‑limonene rich vola­ti­le oil from blood oran­ges inhi­bits angio­ge­ne­sis, metasta­sis and cell death in human colon can­cer cells. Life Sci. 2012 Oct 5;91(11–12):429–39. Pub­med:22935404

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