Immunfit im Alter durch Sport

Medi­zin und Fit­ness-Indus­trie sagen: Im Alter las­sen kör­per­li­che Funk­tio­nen nach – ja, selbst Orga­ne sol­len sich ver­klei­nern. Vie­le moder­ne Stu­di­en zei­gen aber, dass dies bei gesun­den Men­schen nicht stimmt: So ver­rin­gern sich Lern- und Gedächt­nis­leis­tung im Alter über­haupt nicht, die Hei­lungs­fä­hig­keit z. B. der Haut ver­bes­sert sich sogar, die Leis­tungs­kraft unse­res Abwehr­sys­tem kann – wie bei Jün­ge­ren auch – durch Sport gestei­gert wer­den. Kurz­um: Alter ist kein krank­haf­ter Man­gel­zu­stand, der die “Erkrank­ten” scha­ren­wei­se in Arzt­pra­xen, Kran­ken­häu­ser oder Kur­kli­ni­ken trei­ben muss. Son­dern eine Lebens­pha­se, bei der kör­per­li­che, see­li­sche und geis­ti­ge Akti­vi­tät zum Erhalt oder sogar zur Stei­ge­rung von Lebens­vor­gän­gen beiträgt.

Was ist Rückbildung durch Inaktivität?

Vie­le ken­nen das: Ein gebro­che­nes Bein wird zuerst geschient, dann wochen­lang geschont. Wird der Gips ent­fernt, ist es viel dün­ner gewor­den. Grund: Die Mus­keln und ande­re Orga­ne schrump­fen, wenn sie nicht benutzt oder akti­viert wer­den. Und zwar schon nach weni­gen Tagen! Zum Glück rei­chen eini­ge Wochen Trai­ning – und schon hat das Bein wie­der sei­nen alten Umfang. Dass Ärz­te glau­ben, dass Alter immer zur Ver­klei­ne­rung von Orga­nen oder zur Ver­schlech­te­rung von Kör­per­funk­tio­nen führt, hat einen ein­fa­chen Grund: In frü­he­ren Zei­ten war Alter sehr oft mit schwe­ren Erkran­kun­gen ver­bun­den, oft sogar chro­nisch. Krank­heit, Bett­lä­ge­rig­keit (z. B. durch Ober­schen­kel­hals-Bruch) oder Schon­hal­tung (z. B. bei schwe­rer Arthro­se) füh­ren aber nach eini­ger Zeit regel­mä­ßig zur Organ-Rück­bil­dung (Alters­in­vo­lu­ti­on). Und: Lan­ge glaub­ten Ärz­te, wenn Frau­en in den Wech­sel­jah­ren weni­ger Geschlechts­hor­mon bil­den, sei auch dies irgend­wie eine Man­gel-Erkran­kung. Und müs­se behan­delt wer­den (z. B. mit Hor­mon-Ersatz­the­ra­pie, HRT). Bio­lo­gisch sind Wech­sel­jah­re jedoch eine natür­li­che, durchs Erb­gut vor­ge­ge­be­ne Über­gangs­pha­se, die Ähn­lich­keit mit der Puber­tät hat (auch eine wich­ti­ge Pha­se des Wech­sels). Schon vor rund 200 Jah­ren sag­te einer der berühm­tes­ten deut­schen Ärz­te, Johann Chris­ti­an Hufe­land: Es ist kein Pro­blem – bei rich­ti­ger Lebens­wei­se – gesund und leis­tungs­fä­hig alt zu wer­den, sogar mehr als 100 Jahre!

Krank im Alter?

Die bei­den häu­figs­ten Ursa­chen von Krank­heits-Beschwer­den im Alter sind nicht Neu-Erkran­kun­gen, sondern:

1. Chro­ni­sche Krank­hei­ten, die bereits in Kind­heit, Jugend oder Erwach­se­nen­al­ter begon­nen haben. Sei­en es rheu­ma­ti­sche Gelenk­er­kran­kun­gen, Stoff­wech­sel­krank­hei­ten wie Erwach­se­nen-Dia­be­tes, Blut­hoch­druck, Arte­ri­en­ver­kal­kung oder Autoimmunerkrankungen.

2. Die mas­si­ven, oft töd­li­chen Neben­wir­kun­gen des über­mä­ßi­gen, in vie­len Fäl­len the­ra­peu­tisch völ­lig unwirk­sa­men, von den ver­schie­de­nen behan­deln­den Ärz­ten nur sel­ten mit­ein­an­der abge­spro­che­nen Arz­nei­mit­tel-Ein­satz bei älte­ren Menschen.

Posi­tiv aus­ge­drückt heißt dies, wie moder­ne For­schun­gen zei­gen: Das Alter selbst ist kei­ne Krank­heit! Wer gesund ein höhe­res Lebens­al­ter erreicht hat, braucht nicht häu­fi­ger Krank­hei­ten zu erwar­ten als in jün­ge­rem Alter. Vor­aus­set­zun­gen sind jedoch eine akti­ve – auch see­li­sche und geis­ti­ge – Teil­nah­me am Leben, Ver­ant­wor­tung für sich und ande­re, täg­li­che kör­per­li­che Akti­vi­tät und eine voll­wer­ti­ge, gesun­de Ernährung.

Neue Studie

Eine kürz­lich vor­ge­stell­te Stu­die belegt, dass das Immun­sys­tem von Men­schen über 70 genau­so fit und aktiv sein kann, wie das von jün­ge­ren Men­schen, wenn die Älte­ren täg­lich Sport trei­ben. For­scher der Uni­ver­si­tät von Colo­ra­do (USA) benutz­ten zum Nach­weis der Immun­ak­ti­vi­tät den moder­nen KLH-Test. Die­ser kann – anders als bis­lang ver­wen­de­te Tests – sehr genau die tat­säch­li­che Leis­tungs­kraft des Abwehr­sys­tem gegen­über Infek­tio­nen anzei­gen. Und zwar sowohl die Sofort-Abwehr gegen ein­drin­gen­de, unbe­kann­te Kei­men. Als auch den Kampf gegen Kei­me mit spe­zi­fi­schen Abwehr­stof­fen, die erst nach Lern­pro­zes­sen der Immun­zel­len von die­sen gebil­det wer­den (ähn­lich wie bei einer Imp­fung). Ergeb­nis: Gleich­alt­ri­ge älte­re Men­schen ohne sport­li­che Akti­vi­tät hat­ten im Ver­gleich zu sport­lich Akti­ven eine deut­lich ver­schlech­ter­te Immun­ak­ti­vi­tät. Von ähn­lich posi­ti­ven Immun-Aus­wir­kun­gen mäßi­gen Sports hat­ten zuvor schon zahl­rei­che ande­re Wis­sen­schaft­ler bei Jün­ge­ren berichtet.

Was ist nötig?

Die Ver­bes­se­rung der Abwehr­kraft durch kör­per­li­che Akti­vi­tät scheint nicht von der Art des Sports abzu­hän­gen (obwohl bei der erwähn­ten Stu­die fast alle Ver­suchs­per­so­nen gejoggt hat­ten). Dau­er: Der­zeit emp­feh­len Sport­me­di­zi­ner bei den Frei­zeit­ak­ti­vi­tä­ten mitt­le­rer Inten­si­tät (z. B. Spa­zie­ren­ge­hen, Rad­fah­ren, Schwim­men) eine Dau­er von einer Stun­de täg­lich. Bei den Akti­vi­tä­ten hoher Inten­si­tät (z. B. Jog­gen, Kraft­trai­ning, Rudern) täg­lich eine hal­be Stun­de. Erheb­lich höhe­re Inten­si­tä­ten wie z. B. stun­den­lan­ges Mara­thon-Trai­ning kann hin­ge­gen die Abwehr­kraft schwächen.

Wie funktioniert es?

  • Mäßi­ge sport­li­che Betä­ti­gung ver­rin­gert immun­hem­men­de Stress­hor­mo­ne im Blut.
  • Die Zahl und Akti­vie­rung von erre­ger­tö­ten­den Abwehr­zel­len nimmt zu (z. B. natür­li­che Kil­ler­zel­len, zyto­to­xi­sche T‑Zellen, Neu­tro­phi­le).
  • Die Zahl akti­ons­be­rei­ter Fress­zel­len steigt an (Makro­pha­gen).
  • Über hor­mo­nel­le Signa­le gesteu­ert, wird die Funk­ti­on aller Immun­zel­len verbessert.
  • Beim Sport wer­den mehr Schutz­stof­fe gegen Sau­er­stoff­ra­di­ka­le gebil­det (anti­oxi­da­tiv­er Schutz).
  • Sport führt zur Über­wär­mung des Kör­pers, was die Immun­funk­ti­on ver­bes­sert (ähn­lich wie beim Heilfieber).

Gesundheitliche Vorteile

  • Infek­ti­ons­krank­hei­ten wer­den seltener.
  • Beson­ders Infek­tio­nen der obe­ren Luft­we­ge neh­men ab (Nase, Neben­höh­len, Kehl­kopf, Man­deln, Luft­röh­re, Bronchien).
  • Infek­tio­nen ver­lau­fen weni­ger schwer.
  • Es gibt weni­ger Infektions-Rückfälle.
  • Bekannt sind auch Schutz­ef­fek­te bei Dick­darm-Kar­zi­nom, even­tu­ell auch bei Brust­krebs. Grün­de: Die akti­vier­ten Immun­zel­len machen ein­zel­ne Krebs­zel­len leich­ter unschäd­lich. Sport beschleu­nigt zudem die Darm­ent­lee­rung. So wer­den gif­ti­ge Stof­fe, die zur Ent­ste­hung von Dick­darm­krebs bei­tra­gen, rascher aus dem Kör­per entfernt.
  • Ach­tung: Inten­si­ve län­ge­re Akut­be­las­tun­gen und hoch­in­ten­si­ve Trai­nings­pha­sen wie z. B. bei Leis­tungs­sport­lern beein­träch­ti­gen das Immun­sys­tem. Fol­gen: Erhöh­te Infekt­an­fäl­lig­keit, häu­fi­ge­re Atem­wegs­in­fek­tio­nen oder sogar Herzmuskel-Entzündungen.

Autor
• Rai­ner H. Buben­zer, Heil­pflan­­zen-Welt (2004).
Quel­len
Smith TP, Ken­ne­dy SL, Fle­sh­ner M: Influence of age and phy­si­cal acti­vi­ty on the pri­ma­ry in vivo anti­bo­dy and T cell-media­­ted respon­ses in men. J Appl Phy­si­ol. 2004 Aug;97(2):491–8. (Med­li­ne + Pres­se­mit­tei­lung)
Deut­sche Gesell­schaft für Sport­me­di­zin und Prä­ven­ti­on (DGSP, Deut­scher Sport­ärz­te­bund e. V.): 11:0 für die Gesund­heit. März 2002. Voll­text
Heit­kamp HC, Bott, M: Kolo­rek­tal­kar­zi­no­me und kör­per­li­che Akti­vi­tät. Deut­sches Ärz­te­blatt 98, Aus­ga­be 10 vom 09.03.2001, Sei­te A‑612 /​​ B‑500 /​​ C‑471. Voll­text
Nie­man DC: Exer­cise immu­no­lo­gy: prac­ti­cal appli­ca­ti­ons. Int J Sports Med. 1997 Mar;18 Sup­pl 1:S91-100. Med­li­ne

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